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Bildung rund um den Esstisch

Stand:
Gerade bei den Kleinsten sind Alltagssituationen Schlüsselsituationen für die Entwicklung. Positive Erfahrungen beim Essen und bei der Gestaltung der Mahlzeiten legen den Grundstein für ein lebenslanges, gesundheitsförderndes Ernährungsverhalten.
Ein Kind füttert ein anderes mit einem Löffel

Das Wichtigste in Kürze:

  • Essen ist mehr als nur Nährstoffaufnahme, es bietet viele Bildungsmöglichkeitenganz nebenbei.
  • Mahlzeiten sind vielseitige Erlebnisse für Kinder. Mit Geduld, Ruhe und Zeit gelingt gute Bildung rund um den Esstisch.
  • Beteiligung und Einbindung der Kinder in die Mahlzeiten fördern Selbstwertgefühl und eine positive Atmosphäre.
  • Ein gelebter Hessischer Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren (BEP) beinhaltet Bildung über den Tellerrand hinaus –  im wahrsten Sinne des Wortes.
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Kinder müssen essen erlernen

Essen ist deutlich mehr als die reine Nährstoffaufnahme. Gilt der ursprüngliche Impuls, etwas zu essen, zwar unserem Grundbedürfnis nach Nährstoffen, so ist die Essenssituation an sich doch noch weitaus vielschichtiger: Wir sitzen in Gemeinschaft zusammen, fördern Beziehungen untereinander, und nebenbei geben die Älteren den jungen Generationen verschiedene Kompetenzen mit auf den Weg.

Das Lebensmittelspektrum für Menschen ist, anders als das anderer Säugetiere, nicht auf einige wenige Lebensmittel(-gruppen) festgelegt. Der Mensch hat ein breites Angebot an Nahrungsmitteln zur Verfügung und muss sich in dieser Vielfalt erst einmal zurechtfinden. In jungem Alter sind unsere Urinstinkte noch sehr aktiv, so dass gerade Kleinkinder Süßes bevorzugen und Saures und Bitteres eher ablehnen. Sie benötigen Lebensmittel, die süß oder salzig sind und konzentrierte Energie enthalten, um eine gute Energiebilanz zu haben. In dieses Schema passt Gemüse erst einmal nicht hinein.

Erwachsene sind Vorbilder und werden gerne nachgeahmt

Rund um den Esstisch ist die Vorbildfunktion der Erwachsenen bzw. Älteren einer Gruppe (Eltern, Großeltern, Geschwister, Betreuungspersonen, Freunde, aber auch ältere Kinder) wirksam. Diese finden sich schon besser in der Vielfalt der Lebensmittel zurecht und haben bisher das Essen – salopp gesagt – „überlebt“. Deshalb spielen sie in allen Lebenssituationen eine wichtige Rolle und werden gerne nachgeahmt. Das Vorleben von gesundheitsförderlichem (Ess-)Verhalten ist also elementar.

Eine angenehme Atmosphäre beim Essen ist wichtig. Am besten lernen Kinder ein abwechslungsreiches Essverhalten ohne Stress. Gerade beim Essen in einer Gruppe ist es aber auch wichtig, zu respektieren, dass jeder Mensch anders isst und andere Vorlieben und Abneigungen hat. Ausführlichere Informationen hierzu bietet der Artikel Genussvoll essen will gelernt sein.

Der Esstisch als Ort der Kommunikation und sozialen Interaktion

Rund um den Esstisch fördert das miteinander Agieren soziale und individuelle Kompetenzen. Mit Tischgesprächen werden Beziehungen untereinander ausgebaut und eine gute Gemeinschaft gefördert. Der Esstisch bietet jedem Kind die Möglichkeit, sich zu beteiligen, und jeder ist ein Teil der Gruppe.

Idee GlühlampeTipp: Konflikte gehören nicht an den Esstisch. Wenn negative Themen oder Streitigkeiten angesprochen werden oder aufkommen, sollten sie bewusst auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden. Denn schlechte Stimmung beeinflusst auch das beste Essen.

Mitmachen können ist wichtig

Beginnend bei der Wochenplanung der Mahlzeiten über das Essen selbst bis hin zum Abräumen des Tisches können Kinder vielseitig eingebunden werden. Partizipation ist hier das Schlüsselwort. Wie intensiv diese gelebt werden kann, hängt natürlich vom Alter der Kinder ab. Die gemeinsame Ge­staltung von Essenssituationen fördert die Mitbestimmung und das gute Miteinander und bildet eine gute Grundlage für die Akzeptanz von Speisen.

Praxistipps

So können Sie Kinder mit einbinden:

  • Informieren Sie die Kinder bildhaft über einen kindgerechten Speisenplan, was es wann zu essen gibt.
  • Beteiligen Sie die Kinder über Wunschessen an der Speiseplanung.
  • Verteilen Sie feststehende Aufgaben in Form von Tischdiensten, beispielsweise beim Aufdecken von Geschirr und Besteck und dem Abräumen und Abwischen des Essensplatzes. So können Kinder aktiv an der Mahlzeit teilhaben.
  • Stellen Sie mit den Kindern gemeinsam Regeln für die Essenszeit auf. Sind die Kinder dafür zu jung, dann können Sie die Regeln selbst festlegen, aber (kurz und knapp) erklären.
  • Lassen Sie die Kinder rund um das Essen selbst bestimmen. Erwachsene bieten Mahlzeiten (Speisen und Zeiten) an – Kinder entscheiden, wie sie diese annehmen.

 

Lesen Sie beim Bundeszentrum für Ernährung mehr zum Thema Partizipation beim Essen und Trinken.

Kinder dürfen wählen

Das Angebot der Mahlzeiten obliegt den Erwachsenen. Sie planen die verschiedenen Lebensmittelgruppen möglichst vielfältig und abwechslungsreich ein. Viele Anregungen dazu bieten beispielsweise der Ernährungskreis (DGE) und die Ernährungspyramide (BZfE). Auch im Artikel Gut geplant durch die Woche finden Sie Organisationsvorschläge.

Für das anhaltende Erlernen eines ausgewogenen Essverhaltens ist es wichtig, Kindern bei allen Mahlzeiten die Möglichkeit zu geben, selbstständig auszuwählen. Dies fördert auch ihr Selbstwertgefühl und stärkt ein positives Selbstbild. Kinder lernen dadurch, eigenständig über ihren Körper zu bestimmen und Verantwortung für sich zu übernehmen. Je früher sie dies erfahren, desto sicherer wissen sie, was ihnen guttut.

Erwachsene bieten Hilfestellung bei den Mahlzeiten an

Auch Kinder, die selber entscheiden können, was und wie viel sie essen möchten und sich das Essen auch selber nehmen, benötigen manchmal Unterstützung. Um Mengen besser einschätzen zu können, geben Erwachsene hierbei Hilfestellung. So zum Beispiel die Regel, dass jede und jeder sich zuerst einen Löffel voll von den angebotenen Speisen nimmt, dann probiert und sich bei Bedarf nachnimmt.

Alternativ sollten Kinder immer aktiv gefragt werden, welche Komponenten sie gerne auf ihrem Teller haben möchten. Durch achtsames Essen fühlt man, ob man bereits nach der ersten Portion satt ist oder noch einen Nachschlag möchte.

Ein Kind füttert einen erwachsenen Mann mit Salat
Foto: Freepik

Regeln für den Nachtisch sind ebenfalls nützlich: Jeder bekommt eine Portion. Hierbei werden alle Kinder gleichbehandelt, egal, ob sie viel oder wenig von den anderen Speisen gegessen haben.  

Den Körper wahrnehmen

Das Gefühl von Hunger reguliert das Essverhalten. Während des Essens wird man – sowohl physisch als auch psychisch – satt. Kinder haben noch gut funktionierende Instinkte und fühlen Hunger und Sättigung stärker als Erwachsene. Häufig können sie ihre Gefühle aber nicht zuordnen und müssen erst erlernen, was es heißt, wenn der Bauch grummelt oder aber beim Essen ein Völlegefühl auftritt. Erwachsene können als Begleitende der Mahlzeiten eigene Körperempfindungen verbalisieren und es den Kindern dadurch vorleben. Dadurch werden Kinder angeregt, ebenfalls in sich hinein zu spüren.

Um zu lernen, ihre Körpersignale besser zu verstehen und auf die eigenen Bedürfnisse zu hören, sollten Kinder selbst bestimmen können, was, wie viel oder wie wenig sie essen. Auch wenn ein Kind phasenweise wenig oder aus Erwachsenensicht einseitig isst, sollte es ihm ohne Bewertung erlaubt werden, selbst über sein Essen zu bestimmen. Das Kind lernt dadurch, auf sein Körpergefühl zu hören. Die Selbstwirksamkeit von Kindern wird gestärkt.

Bildungsanlässe rund um den Esstisch

Viele bildende Aspekte kommen beim Essen zum Tragen. Neben der Gestaltung des Esstisches mit individuellen Tischsets, buntem Geschirr und passender Dekoration, bei dem die kreative Seite der Kinder angesprochen wird, spielen auch andere Aspekte bewusst und unbewusst eine Rolle. Hier sind einige Anregungen rund um Bildungsanlässe zur Förderung vom Kompetenzen:

Mathematik: Teilen von Speisen und Mengen, zählen – beispielsweise: wie schneiden wir einen Kuchen in X Stücke. Jeder bekommt genau ein Würstchen. Wie viele Teller benötigen wir, damit jeder mitessen kann?

 Physik: Verschiedene Speisen haben eine unterschiedliche Konsistenz. So bleibt z. B. Püree gut am Löffel haften, Suppe dagegen nicht. Dies ist wichtig zu wissen, wenn man sich etwas auf den Teller oder in ein Glas füllen möchte.

Religion und Kultur: Jede Religion bzw. Kultur hat ihre eigenen Rituale, die sich oft über das Essen äußern. So wird beim christlichen Osterfest häufig Lamm zubereitet, beim muslimischen Zuckerfest werden süße Backwaren hergestellt. Auch hinsichtlich der Esswerkzeuge gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen. Am häufigsten werden die Hände zum Essen verwendet, oft auch Stäbchen. Messer und Gabel dagegen kommen vielerorts gar nicht zum Einsatz. Über diese Konventionen kann man in Betreuungseinrichtungen die Unterschiede der Religionen und Kulturen erfahrbar machen, leben und Verständnis und Toleranz fördern.

Ökologie: Was wächst wo? Karotten unter der Erde, Tomaten am Strauch, Äpfel am Baum. Was wächst wann? Kohl im Winter, Beeren im Sommer. Weitere Anregungen und Informationen zum Thema finden Sie im Artikel Nachhaltigere Ernährung: Für eine gute Zukunft unserer Kinder.

Nur mit vollem Magen lernt man gut

Kinder erlernen das Essen mit Besteck, Tischsitten und -rituale insbesondere durch Nachahmen. Da für ein gutes Lernen erst einmal eine Grundsättigung benötigt wird, sollte man kleineren Kindern zugestehen, anfangs mit den Fingern und erst später mit dem Löffel zu essen. Das Üben mit weiterem Besteck folgt dann, wenn der erste Hunger gestillt ist. Mit Besteck zu essen, geht Erwachsenen leicht von der Hand – für Kinder ist es motorisch sehr komplex.

Sie lernen:

Ein Kind löffelt Gemüseeintopf aus einer Schale
     Foto: onebluelight/iStock
  • das Greifen des Löffels;
  • Nahrungsmittel auf dem Löffel zu befördern;
  • Hand-/Mundkoordination: Speisen vom Löffel abnehmen, kauen und schlucken;
  • später die Auswahl des richtigen Werkzeuges: Der Löffel für die Suppe, die Gabel für Brokkoli, das Messer zum Zerteilen;
  • Motorik: Nahrungsmittel mit der Gabel aufspießen, mit dem Messer schneiden/teilen, Brotscheiben mit Aufstrichen bestreichen.

Essen mit allen Sinnen – ein vielseitiger Genuss

Die Sinneserfahrungen rund um die Mahlzeiten sind ein zentraler Bestandteil, gerade für das Essen der Kleinsten. Sie haben noch eine sehr differenzierte Wahrnehmung und erleben das die verschiedenen Lebensmittel als bunt, weich, hart, viel, wenig, stark riechend, warm, kalt und noch vieles mehr.

Erwachsene sind dagegen stark von Gewohnheit, „Vorurteilen“ und bereits erlebten Eindrücken geprägt. Ihre Sinneswahrnehmungen sind hier nicht mehr so intensiv.

Kinder – aber oft auch Erwachsene – urteilen über ein Gericht bereits, wenn sie den Geruch aus der Küche wahrnehmen, wenn sie es sehen, während es auf den Tisch kommt, und erst zum Schluss mit dem Geschmackssinn beim Probieren. Kleinkinder testen die Speisen häufig als Erstes mit den Fingern, um auch noch Konsistenz und Temperatur zu checken. Dann überlegen sie, es in den Mund zu nehmen und zu essen.

Es darf probiert werden

Ein „erzwungener“ Probierhappen wirkt kontraproduktiv: Er geht über viele Sinne(seindrücke) hinweg und unterläuft das Kinderrecht auf Selbstbestimmung. Hier sind die pädagogischen Fachkräfte gefragt, durch ihr eigenes Verhalten und Anregungen zum Ausprobieren zu animieren: indem sie beispielsweise auf ein Lebensmittel oder eine Speise neugierig machen. Es ist jedoch völlig in Ordnung, wenn nicht bei jedem Kind die Neugier geweckt wird. Man kann durchaus auch manchmal entscheiden, dass man etwas nicht mag, ohne es zuvor in den Mund zu nehmen. 

Kinder haben Rechte – auch rund um den Esstisch

Kinderrechte spielen eine bedeutende Rolle – auch in Essensituationen. Denn Kinder haben Rechte – überall und von Anfang an! Deutschland hat 1992 die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet, dass das Wohl der Kinder in allen sie betreffenden politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen Vorrang hat. Natürlich gilt dies auch am Esstisch.

Familie und Kindertagesbetreuung sind wichtige Orte, an denen Kinder die Anerkennung ihrer Person erfahren, Selbstwirksamkeit, echte Beteiligung und Mitentscheidung erleben können. Kindern wird die Möglichkeit gegeben, sich selbstbestimmt und selbstwirksam an Essenssituationen zu beteiligen – immer bezogen auf ihre individuellen Fertig- und Fähigkeiten.

Die Umsetzung der Kinderrechte ist ein zentraler Aspekt guter Qualität in der pädagogischen Arbeit. Daher beschäftigen sich die Fachkräfte nahezu täglich mit der Frage, was Kinderrechte konkret im pädagogischen Alltag bedeuten und wie sie diesen im Alltag gerecht werden können.

Seit 2015 gestaltet die Verbraucherzentrale Hessen, gefördert durch das Hessische Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales, erfolgreich Fachtage zum Thema „Bildungsort Esstisch!“ Die Fachtage greifen aktuelle Themen wie Kinderrechte, Resilienzstärkung beim Essen oder nachhaltigere Ernährung in Impulsvorträgen auf. In Workshops wird der Praxistransfer gefördert und die Vernetzung und der Austausch in der Kindertagesbetreuung intensiviert.

Mehr Informationen zu dem Fachtag finden Sie auf der Seite Bildungsort Esstisch – Fachtag für Fachkräfte und Interessierte.

Weiterführende Informationen

  • Der hessische Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren (BEP) ist im Internet zu finden.
  • Der Mini-BEP fasst die Themen alltagtauglich zusammen.
  • Im Rahmen eines IN FORM-Projektes entwickelte Moove-BW den Moodle-Kurs „Den Bildungsort Mahlzeit in der Kita wertschätzend und professionell gestalten“. Darin werden Themen rund um Essen und Trinken in der Kinderbetreuung behandelt.
Ein gedeckter Tisch in einer Kindertagesstätte

Gut verpflegt: Vernetzungsstelle Kitaverpflegung Hessen

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