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Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente – wann zahlt die Krankenkasse?

Stand:
Es wurde ein Vitaminmangel festgestellt, die Behandlungsleitlinie sieht eine Nahrungsergänzung vor oder Sie haben einen erhöhten Nährstoffbedarf nach einer OP - was zahlt die Krankenkasse?
Schokogeld in den Händen von Medpersonal

Das Wichtigste in Kürze:
Gut zu wissen

  • Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel. Ihre Erstattung gehört nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen.
  • Die meisten Arzneimittel, die Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente als Wirkstoffe enthalten, sind nicht verschreibungspflichtig.
  • Die Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel werden in der Regel nicht übernommen. Allerdings gibt es Ausnahmen bei Krankheit bzw. Mangelerkrankung und bei Einnahme bestimmter Medikamente.
  • Verschreibungspflichtige Arzneimittel (Vitaminpräparate, hoch dosiertes Vitamin D) werden erstattet.
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Was sagt der Gesetzgeber?

Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel und ausnahmslos von der Erstattungsfähigkeit ausgeschlossen, da die Erstattung von Lebensmitteln durch die Krankenkassen im Sozialgesetzbuch V nicht vorgesehen ist. Dazu zählen auch Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (ergänzende bilanzierte Diäten), weshalb auch ihre Kosten nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) erstattet werden können.

Auch nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel sind gem. § 34 Abs. 1 SGB V seit 2004 grundsätzlich von der Erstattungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt aber in den Arzneimittelrichtlinien fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen ausnahmsweise verordnet werden können. Diese Zusammenstellung ist öffentlich zugänglich und in der Anlage I der Arzneimittelrichtlinien zu finden. In ihr sind auch bestimmte Mineralstoffe sowie Vitamine aufgelistet.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Kostenübernahme erfüllt sein?

Wenn eine medizinische Indikation für die zusätzliche Einnahme von Vitaminen, Mineralstoffen oder Spurenelementen besteht (es reicht nicht, vegan zu leben), können diese auch erstattet werden. Die Grundvoraussetzungen dafür sind:

  • Bei dem verordneten Produkt handelt es sich um ein zugelassenes Arzneimittel
  • Das Arzneimittel wurde ärztlich verordnet. In den meisten Fällen ist dafür ein Kassenrezept (rosa) notwendig.
  • Die Notwendigkeit für die Verordnung wurde belegt (z. B. Laborwerte)

Dann können bestimmte freiverkäufliche Arzneimittel mit Vitaminen oder Mineralstoffen bei bestimmten Erkrankungen oder bei Einnahme bestimmter Arzneimittel als Begleittherapie verordnet werden.

Voraussetzung einer Kostenerstattung durch die GKV ist allerdings immer, dass es sich um zugelassene apothekenpflichtige Arzneimittel handelt.

Worin sich Lebensmittel von Arzneimitteln unterscheiden, können Sie hier nachlesen.

Private Krankenversicherungen legen neben der medizinischen Notwendigkeit der Erstattung in vielen Fällen eine ausführliche Einzelfallprüfung zugrunde. Hierzu muss meist ein ausführlicher ärztlicher Befund- und Behandlungsbericht vorgelegt werden. Dann werden - im jeweiligen tariflichen Rahmen - ggf. auch freiverkäufliche Arzneimittel erstattet. Am besten, Sie erkundigen sich bei Ihrer jeweiligen Versicherung.

Welche Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente können verordnet bzw. erstattet werden?

Folgende Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind lt. Anlage I der AMR unter bestimmten Voraussetzungen zu Lasten der GKV verordnungsfähig, obwohl sie freiverkäufliche Arzneimittel sind. Zu beachten: Diese können andere Stoffverbindungen enthalten, als für Lebensmittel / Nahrungsergänzungsmittel zulässig sind.

  • Calcium-Verbindungen (mind. 300 mg Calcium-Ion/Dosiereinheit) und Vitamin D (freie oder fixe Kombination) sowie Vitamin D als Monopräparat bei ausreichender Calcium-Zufuhr über die Nahrung: Nur bei manifester Osteoporose ODER Behandlung einer anderen Erkrankung mit Steroiden (Kortison/Cortison) über mindestens sechs Monate, ODER bei Behandlung mit Bisphosphonaten, Parathormonre­zeptor(PTHR1)-Agonisten, Denosumab und Romosozumab, wenn gemäß Fachinformation des Hauptarznei­mit­tels die Gabe einer entsprechenden Begleitmedikation vorausgesetzt wird oder der Patient darauf hinzuweisen ist, dass die Anwendung einer entsprechenden Begleitmedikation erforderlich ist.
  • Calciumverbindungen als Monopräparate: nur bei Pseudohypo- und Hypoparathyreodismus ODER bei Bisphosphonat-Behandlung gemäß Angabe in der jeweiligen Fachinformation bei zwingender Notwendigkeit.
  • Eisen-(II)-Verbindungen als Monopräparate nur zur Behandlung von gesicherter Eisenmangelanämie.
  • Iodid (Jodit) nur zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen.
  • Jod-Verbindungen nur zur Behandlung von Ulcera und Dekubitalgeschwüren.
  • Kalium-Verbindungen als Monopräparate nur zur Behandlung der Hypokaliaemie.
  • Magnesium-Verbindungen, oral, nur bei angeborenen Magnesiumverlust-Erkrankungen.
  • Phosphatverbindungen bei Hypophosphataemie, die durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann..
  • Vitamin K als Monopräparat nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann.
  • Vitamin E (als Monopräparat) nur zur Behandlung von Vitamin-E-Mangel-Ataxie (AVED)
  • Wasserlösliche Vitamine auch in Kombinationen nur bei der Dialyse.
  • Wasserlösliche Vitamine, Benfotiamin (Vitamin B1) und Folsäure (5 mg/Dosiseinheit) als Monopräparate nur bei nachgewiesenem, schwerwiegendem Vitaminmangel, der durch eine entsprechende Ernährung nicht behoben werden kann.
  • Vitamin B6 (als Monopräparat) nur zur Behandlung von angeborenen pyridoxinabhängigen Störungen mit schwerwiegender Symptomatik. Nach erfolgreichem Therapieversuch ist eine längerfristige Verordnung zulässig.
  • Folsäure und Folinate nur bei Therapie mit Folsäureantagonisten (z.B. mit Methotrexat MTX) sowie zur Behandlung des kolorektalen Karzinoms.
  • Zink-Verbindungen als Monopräparate nur zur Behandlung der enteropathischen Akrodermatitis und durch Dialysebehandlung bedingten nachgewiesenem Zinkmangel sowie zur Hemmung der Kupferaufnahme bei Morbus Wilson.

Monopräparate: Arzneimittel, die nur genau einen Wirkstoff enthalten

Kombinationspräparate: Arzneimittel, die mehr als einen Wirkstoff enthalten

Die Verordnungsfähigkeit von Vitaminen beschränkt sich auf Monopräparate. Als Kombinationspräparate (ProdukteKre, die mehrere Vitamine enthalten), können nur wasserlösliche Vitamine bei Dialysepatienten verordnet werden. Die gleichzeitige Verordnung von mehreren Monopräparaten ist aber möglich, wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.


Bei Nachweis eines Mangels und einer Verordnung von Phosphat, Vitamin K, Vitamin B1 (Benfotiamin), oder hochdosierter Folsäure (5 mg/Dosiseinheit) ist ärztlich sicherzustellen, dass der Mangel nicht durch eine passende Lebensmittelauswahl behoben werden kann.

Folsäurepräparate mit geringerer Dosierung (0,4-0,8 mg), die zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten vor und während einer Schwangerschaft empfohlen werden, sind zwar aus medizinischer Sicht äußerst sinnvoll, gehören jedoch nicht zum Regelleistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Einige Krankenkassen erstatten solche Präparate über Schwangerschaftsprogramme und besondere Satzungsleistungen.

Neben Vitaminen und Mineralstoffen sind auch folgende sonstige Stoffe, die auch Inhaltsstoffe von Nahrungsergänzungsmitteln sein können, in Form frei verkäuflicher Arzneimittel unter den jeweils genannten Bedingungen lt. Anl. 1 AMR verordnungsfähig:

  • Citrate: nur zur Behandlung von Harnkonkrementen (Harngries)
  • Levocarnitin (L-Carnitin): nur zur Behandlung bei endogenem Carnitin-Mangel.
  • Bakterien: E. coli Stamm Nissle 1917: nur zur Behandlung der Colitis ulcerosa in der Remissionsphase bei Unverträglichkeit von Mesalazin.
  • Flohsamen und Flohsamenschalen nur zur unterstützenden Quellmittel-Behandlung bei Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom und HIV-assoziierter Diarrhoen.
  • Ginkgo biloba-Blätter-Extrakt (Aceton-Wasser-Auszug, standardisiert 240 mg Tagesdosis): nur zur Behandlung der Demenz.

Was ist sonst noch wichtig?

Verordnungen der in Anlage 1 der AMR aufgeführten freiverkäuflichen Arzneimittel müssen auf einem Kassenrezept (rosa) erfolgen. Die Apotheke kann dann die Kosten des Arzneimittels (ggf. abzüglich der Zuzahlung) direkt mit der Kasse abrechnen.

Informieren Sie sich im Zweifel vorher, ob Ihre Krankenversicherung die Kosten für verordnete freiverkäufliche Arzneimittel wirklich übernimmt. Eine nachträgliche Kostenerstattung bei Verordnung auf einem grünen Privatrezept ist in den meisten Fällen nicht möglich.

Einige Kassen erstatten im Rahmen der Zusatzversorgung für Schwangere apothekenpflichtige Arzneimittel mit den Wirkstoffen Folsäure, Eisen, Magnesium und/oder Jod (bis Vollendung des 1. Lebensjahres des Kindes) auch, wenn diese auf einem grünen Privatrezept verordnet werden. Wenn Sie schwanger sind, kann es sich für Sie lohnen, bei Ihrer Krankenkasse diesbezüglich nachzufragen.

Nach bariatrischen Operationen bei starkem Übergewicht (z.B. Magenverkleinerungen, Magenbypass etc.) ist die Aufnahmefähigkeit für Nährstoffe sehr oft dauerhaft eingeschränkt. Viele Nährstoffe müssen oft lebenslang substituiert werden. Eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen in diesem Fall besteht nicht. Einige private Krankenkassen beteiligen sich auf freiwilliger Basis z. B. an den Kosten der Vitamin-B12-Substitution, die jedoch nach bariatrischen Eingriffen meist über regelmäßige Injektionen erfolgt.

Was gilt bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit Vitaminen?

Hierzu zählen unter anderem hochdosierte Arzneimittel mit Vitamin A oder Vitamin D. Diese können zur Behandlung von Erkrankungen, für die sie zugelassen sind, zu Lasten der Krankenkasse verordnet werden. So dürfen verschreibungspflichtige Vitamin-D-Präparate nur zur Behandlung von Rachitis, Osteomalazie oder Hypoparathyeroidismus sowie ggf. zur einmaligen Anwendung bei der Anfangsbehandlung eines Vitamin-D-Mangels zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden. Aber: Sind für die Behandlung eines Vitamin-D-Mangels frei verkäufliche Präparate medizinisch notwendig, zweckmäßig und ausreichend, sollen vorrangig diese zu Lasten des Patienten verordnet werden.


Quellen:


GBA (2023): Anlage I zum Abschnitt F der Arzneimittel-Richtlinie: Gesetzliche Verordnungsausschlüsse in der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen zum gesetzlichen Verordnungsausschluss nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V (OTC-Übersicht). Stand (letzte Änderung Oktober 2024)

Arzneimittel-Richtlinie: Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung – AM-RL, Stand: 19.01.2023, in Kraft getreten am 15.05.2024

Befragung einer Auswahl von gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen durch die Verbraucherzentrale NRW in 2019 (unveröffentlicht)

Vitamine auf Rezept. Wann zahlt die Kasse? pta-Forum der Pharmazeutischen Zeitung vom 12.08.2019, abgerufen am 07.06.2023

Auf Rezept. Vitamin D3 - Wann übernimmt die Krankenkasse die Kosten? DAZ online vom 28.04.2021, abgerufen am 07.06.2023

Kassenärztliche Vereinigung Bayern: Vitamin-D-Präparate zwischen Verordnungsfähigkeit und Patientenwunsch. Stand: 27.09.2018 (abgerufen am 07.06.2023)

Gemeinsame Arbeitsgruppe Arzneimittel der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und der Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Niedersachsen: Rezept-Info – Vitamin D. Stand: Juli 2024 (abgerufen am 04.11.2024)

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