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Ginkgo ist nicht gleich Ginkgo

Stand:
Bei Nahrungsergänzungsmitteln ist Ginkgo oft nur eine werbewirksame "Schmuckzutat". Die in der Lebensmittelindustrie verwendeten Extrakte werden durchaus kritisch gesehen. Der pharmakologisch wirksame Ginkgo-Trockenextrakt bleibt Arzneimitteln vorbehalten.

Das Wichtigste in Kürze:
Wirkung nicht bewiesen

  • Die Werbeaussagen zum Arzneimittel Ginkgo lassen sich nicht einfach auf ginkgohaltige Nahrungs­ergänzungs­mittel übertragen. Der Arzneiextrakt (100 mg GbE/Tag) darf nur in Arzneimitteln verwendet werden.
  • Die Extrakte in Nahrungs­ergänzungs­mitteln sind nicht standardisiert und können sich zum Teil erheblich voneinander unterscheiden.
  • Achten Sie auf Angaben zum Ginkgolsäuregehalt.
  • Positive Wirkungen auf Konzentration und Gedächtnis­leistung sind für Nahrungs­ergänzungs­mittel nicht nachgewiesen.
  • Nebenwirkungen sind möglich.
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Was steckt hinter der Werbung zu Ginkgo?

Ginkgohaltige Produkte werden meist mit Aussagen über eine positive Wirkung auf Konzentration und Gedächtnisleistung beworben. Allerdings unterscheiden sich die Inhaltsstoffe von einem standardisierten Arzneimittel zum Teil erheblich von denen eines ginkgohaltigen Nahrungs­ergänzungs­mittels. Die Werbe­aussagen zum Arzneimittel Ginkgo können also nicht einfach auf Nahrungs­ergänzungs­mittel übertragen werden.

Laut Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 3 B 36.21) sind Erzeugnisse, die Ginkgo-biloba-Trockenextrakt lt. Monografie mit einer Tagesdosis von 100 mg enthalten, Arzneimittel. Das heißt umgekehrt, Nahrungsergänzungsmittel dürfen keinen pharmakologisch wirksamen Ginkgo-Trockenextrakt in dieser Menge enthalten.

Da es für Nahrungs­ergänzungs­mittel keine definierten Ginkgo-Extrakte gibt, sind entsprechende Aussagen über eine positive Wirkung auf Konzentration und Gedächtnis­leistung - oder Anti-Aging ganz allgemein - mutmaßlich irreführend oder beziehen sich nicht auf den enthaltenen Ginkgo-Extrakt. Nahrungsergänzungsmittel enthalten Ginkgo-Extrakte oft nur als werbewirksame "Schmuckzutat". So wird in Anzeigen der im Produkt enthaltene Ginkgo hervorgehoben, obwohl dessen Menge (oder der verwendete Extrakt) für die gewünschte Wirkung nicht ausreicht. Die beschriebene Wirkung (normale Funktion des Nervensystems, normale psychische Funktion) bezieht sich auf die zugesetzten B-Vitamine (wie B12, B6, B1, B2 bzw. Eisen oder Zink). Eine aktuelle Untersuchung der Medizinischen Hochschule Hannover aus dem Juli 2023 stellt sogar fest, dass es aufgrund ihrer Analyseergebnisse sehr zweifelhaft ist, ob Ginkgo-biloba-Extraktpräparate der Lebensmittelindustrie irgendeinen gesundheitlichen Nutzen haben. Sie regen sogar an zu prüfen, ob ein Verbot des Verkaufs von Ginkgo-Biloba-Extrakt als Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll ist, weil durch zu große Mengen an Ginkgolsäuren toxische Effekte möglich seien.

Auf was sollte ich bei der Verwendung von Ginkgo-Produkten achten?

  • Frische (rohe) oder geröstete Ginkgo-Samen und die unverarbeiteten Ginkgoblätter können gefährliche Mengen einer giftigen Substanz enthalten. 
  • Ginkgo-Produkte können durch einen hohen Anteil an Ginkgolsäuren Nebenwirkungen haben, z. B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Magen-Schleimhaut-Entzündungen, Allergien. Ginkgolsäuren sind Zell- und Nervengifte. Große Mengen an Ginkgolsäuren gelten als potenziell zellschädigend und erbgutverändernd (mutagen). Der zulässige Gehalt an Ginkgol­säuren ist in ginkgohaltigen Arzneimitteln auf 5 ppm (1 µg/g) beschränkt. Bei Nahrungsergänzungsmitteln gibt es keine Mengenbeschränkung für Ginkgolsäuren. Hier haften die Hersteller nur allgemein für die Sicherheit des Produktes. Die Vorgaben für Ginkgo-Arzneimittel bedeuten eine maximale Menge von 0,6 bis 1,2 µg Ginkgolsäuren pro Tag. 
  • Tipp: Achten Sie auf (freiwillige) Informationen über die Ginkgolsäure-Menge pro Tagesdosis auf der Produktverpackung des Nahrungsergänzungsmittels. 
  • Ginkgo-Extrakte können in höheren Konzentrationen bestimmte Stoffwechsel­enzyme und Proteine hemmen oder aktivieren. Dies kann die Wirkung von Medikamenten stören. Es gibt ein hohes Risiko für Wechselwirkungen mit kardiovaskulär-wirksamen Medikamenten. Wenn Sie blut­verdünnende Medikamente (z.B. Acetyl­salicyl­säure, Marcumar, Clopidogrel, Pentoxifyllin) einnehmen, sollten Sie Ginkgo nicht ohne ärztliche Rücksprache  anwenden. Wenn Sie operiert werden müssen, unbedingt das ärztliche Personal informieren und Ginkgo rechtzeitig absetzen. Menschen mit Krampfleiden / Krampfanfällen sollten Ginkgo-Produkte keinesfalls ohne medizinischen Rat verwenden. 
  • Das in Ginkgo enthaltene Quercetin hemmt ein Enzym, welches in der Leber für den Alkoholabbau zuständig ist (Acetaldehyd-Dehydrogenase, ALDH). Acetaldehyd wird dadurch langsamer abgebaut, es kann schneller zu einem "Kater" kommen. 
  • Ginkgo-Produkte sollte weder in der Schwangerschaft noch während des Stillens genommen werden. Auf einigen ginkgohaltigen Produkten findet sich ein entsprechender Hinweis, wonach die Anwendung für Kinder unter 18 Jahren, Schwangere und Stillende nicht vorgesehen ist.

Bewegung an der frischen Luft, ein paar Runden Gehirnjogging - zum Beispiel durch Lösen von Rätseln und Denkspiele - sowie ausreichend Trinken können die Konzentrations- und Gedächtnis­leistung verbessern.

Was ist Ginkgo?

Ginkgo (Ginkgo biloba) ist eine aus China stammende und heute weltweit angepflanzte Baumart. In Ostasien wird der Baum wegen seines essbaren Samens und als Tempelbaum kultiviert. Ginkgo biloba gehört zu den am intensivsten untersuchten Heilpflanzen. Seit etwa 50 Jahren gibt es verschiedene zugelassene pflanzliche Arzneimittel, die gegen Demenz, Schwindel, Gedächtnis­störungen und Ohren­geräusche (Tinnitus) angewendet werden. Laut S3-Leitlinie wird Ginkgo nicht zur Prävention von Demenz empfohlen. Bisher gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich mit einer frühzeitigen Einnahme von Arznei-Ginkgoextrakt einer Demenzerkrankung vorbeugen lässt.

Welche Inhaltsstoffe sind in Ginkgo enthalten?

Die Angabe "Ginkgo-Extrakt" bei einem Nahrungsergänzungsmittel ist nicht definiert und gibt keine Auskunft, welcher Teil der Pflanzen genutzt und wie dieser gewonnen wird, ob z.B. Blätter, Samen, Rinde, Wurzel oder Nüsse  verwendet werden. Die wichtigsten Wirkstoffe in den Blattextrakten sind sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide, Terpenoide, Sitosterine und Anthocyane.

Für die Herstellung eines Arznei-Extraktes aus Ginkgo-Blättern (Ginkgo-biloba-Trockenextrakt) gibt es im Europäischen Arzneibuch genaue Vorschriften. Dort ist vorgegeben, wie viel Prozent der wirksamen Inhaltsstoffe - Flavon­glykoside (Quercetin), Kämpferol sowie Terpenlaktone -  enthalten sein müssen. Für die unerwünschte Ginkgol-Säure gibt es eine Obergrenze (5 ppm).

Für Lebensmittel und Nahrungs­ergänzungs­mittel mit Ginkgo gibt es keine standardisierte Zusammen­setzung. Die einzelnen Produkte sind daher nicht miteinander vergleichbar. Begriffe wie "Spezialextrakt", "hochwertig" oder "wertvoll" haben überhaupt keine Aussagekraft.

Untersuchungen des Zentral­laboratoriums der Deutschen Apotheker (ZL) zeigen außerdem, dass die Mehrzahl der untersuchten Nahrungs­ergänzungs­mittel Ginkgo-Extrakte enthält, bei denen ein begründeter Verdacht auf die Zugabe von sekundären Pflanzen­stoffen aus anderen pflanzlichen Quellen besteht, z.B. Quercetin und Rutin aus Buchweizen oder aus Extrakten des Japanischen Schnurbaums.

Quellen:


Trabert M, Seifert R (2023): Critical analysis of ginkgo preparations: comparison of approved drugs and dietary supplements marketed in Germany. Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology 397: 451–461. Online veröffentlicht am 20.07.2023

Phytofakten - Das Heilpflanzen-Lexikon. Ginkgo. DAZ online, Stand: 18.12.2019 (abgerufen am 13.10.2023)

Tawab M et al.: Nahrungsergänzungsmittel mit Ginkgo unter der Lupe, Pharmazeutische Zeitung online Ausgabe 20/2010 (abgerufen am 13.10.2023)

Leistner E; Drewke C (2010): Arznei- und Nahrungsmittel aus Ginkgo biloba. Potenziell toxische Inhaltsstoffe und ihre Wirkmechanismen. DAZ (17): 84, Stand: 29.04.2010 (abgerufen am 13.10.2023)

AWMF: S3-Leitlinie Demenzen, Langversion. Stand: Januar 2016, aktuell in Überarbeitung (abgerufen am 13.10.2023)

Pflanzliche Präparate: Diese Wechselwirkungen sollten Kardiologen kennen. Ärzteblatt online vom 01.03.2017 (abgerufen am 13.10.2023)

Liperoti R et al. (2017): Herbal Medications in Cardiovascular Medicine. Journal of the American College of Cardiology 69 (9)

BfR: Die Sicherheit von Ginkgoblätter-haltigen Tees kann wegen mangelnder Daten nicht beurteilt werden, Gesundheitliche Bewertung Nr. 021/2010 des BfR vom 9. Dezember 2009

ALS: Nahrungsergänzungsmittel mit sonstigen Stoffen im Regelungsbereich von NemV, HCV und LMIV, Stellungnahme Nr. 2015/31 (abgerufen am 13.10.2023)

NIH: Ginkgo Factsheet, Stand: August 2020 (abgerufen am 13.10.2023)

MSKCC: Ginkgo. Purported Benefits, Side Effects & More, Stand: 09.08.2023

Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES): Nahrungsergänzungsmittel mit Pflanzen und Pflanzenextrakten. Gesundheit ohne Risiko? (abgerufen am 13.10.2023)

Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Beispiel: Präparate mit Ginkgo-Extrakten. Stand: 21.02.2017 (abgerufen am 13.10.2023)

Ökotest: Mittel gegen Gedächtnisstörungen im Test - Hirngespinste Ökotest (8), 2018 (abgerufen am 13.10.2023)

Monographie: Trockenextrakt (35-67:1) aus Ginkgo-biloba-Blättern, extrahiert mit Aceton-Wasser, abgerufen am 13.10.2023

Erzeugnisse mit Ginkgo biloba Trockenextrakt sind Arzneimittel. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts beendet jahrelangen Rechtsstreit im Sinne des BVL. BVL-Pressemitteilung vom 12.10.2022

Devi A et al. (2023): Inhibition of ALDH2 by quercetin glucuronide suggests a new hypothesis to explain red wine headaches. Nature Scientific Reports 13: 19503

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