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Podcast: Dynamische Preise und Angebote in Onlineshops

Stand:
Einen neuen PC kauft man im Internet am Besten am Samstag. Flüge sind an Dienstag Abenden besonders günstig. Und viel Vergleichen hilft viel. Solche oder ähnliche Tipps zum Onlineshopping kennen die meisten von uns. Doch dynamische Preise und maßgeschneiderte Angebote kennen keine festen Regeln.
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Darum geht's:

Personalisiertes Onlineshopping dank dynamischer Preise und Angebote

Nicht nur ist mittlerweile kaum noch nachvollziehbar, wann und wo man zum besten Preis kaufen kann. Viele Onlineshops zeigen ihren Kundinnen und Kunden, je nach persönlichen Vorlieben, oftmals nur noch solche Produkte an, bei denen die Kaufbereitschaft am Größten ist. In dieser Podcastfolge verraten wir, warum für viele Anbieter längst nicht mehr der beste Preis, sondern vielmehr das beste Angebot das wirksamste Mittel für mehr Umsatz geworden ist. Außerdem beantworten wir die Frage, wann sich ein Preisvergleich wirklich lohnt und bei welchen Cookies man besser mit "Nein danke!" bzw. "Ablehnen reagieren sollte.

Zu Gast: Dr. Julia Gerhards, Referentin für Verbraucherschutz und Datenrecht der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.

Auf wasistdeinpreis.de können Verbraucherinnen und Verbraucher in einem fiktiven Onlineshop erfahren, wie unterschiedlich Angebotsauswahl und Verkaufspreise für Kund:innen verschiedener Zielgruppen sind.

genau genommen - Der Podcast der Verbraucherzentralen wird gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags.

Wir freuen uns über Lob, Kritik und Themenwünsche per E-Mail an podcast@vz-bln.de. Weitere Informationen finden Sie auf verbraucherzentrale.de.

Transkript

Die ganze Podcastfolge zum Nachlesen

Hier klicken, um das Transkript zu öffnen...

Patrick Lohmeier

[00:00:00] Vielleicht wollen wir uns einfach nicht eingestehen, dass große Onlineshops und Marktplätze uns längst durchschaut haben. [00:00:12] Ich gebe ja zu, ich übe mich diesbezüglich gerne mal in Realitätsverweigerung, obwohl ich es besser wissen sollte. [00:00:19] Zum Beispiel in diesem Fall: Genau für die Reisebuchung, nach der ich bereits vor zwei Tagen online gesucht, habe sind nur noch drei Plätze und diese jetzt zum doppelten Preis verfügbar. [00:00:30] Nein, das ist vielleicht nur ein Zufall oder liegt am Wochentag oder der falschen Uhrzeit. [00:00:36] Ich hatte doch irgendwo mal gelesen, man solle Reisen am besten am Dienstag Abend oder Donnerstag Mittag buchen. [00:00:42] Ach guck mal, bei meinem liebsten Onlineshop gibt's gerade Laufschuhe im Angebot. Die Marke, ja, die gefällt mir. Und der Preis ist noch voll im Rahmen. [00:00:51] Ist bestimmt ein glücklicher Zufall und hat rein gar nichts damit zu tun, dass ich bei genau diesem Händler vor rund einem Jahr mein letztes Paar Sportschuhe bestellt habe, die nun langsam ziemlich abgewetzt sind [00:01:02] Nein, keine Sorge, nicht abschalten. Ich bin nicht unter die Aluträger gegangen und hier werden auch keine Verschwörungstheorien gewoben. Das war alles nur ein Spaß. [00:01:14] Ja klar, das Internet weiß - Cookies und Co. sei Dank - eine ganze Menge, aber eben nicht alles über unsere Vorlieben beim Onlineshopping. [00:01:22] Also anstatt zu mahnen und zu warnen möchten wir in unserer heutigen Folge vielmehr Ihren Blick für das Thema individualisierte Preisgestaltung in Onlineshops schärfen. [00:01:30] Denn ein auf die Bedürfnisse von jedem von uns zugeschnittenes Shoppingerlebnis bringt ja auch Vorteile, solange man der Versuchung widerstehen kann, zu schnell und unbedacht auf "Kaufen" zu klicken. [00:01:41] Aber manchmal lohnt sich auch das endlose Suchen und Vergleichen gar nicht, wie meine Kollegin Julia Gerhards weiß. [00:01:47] Mit ihr spreche ich über dynamische Preise, ausgediente Bauernweisheiten bei der Schnäppchenjagd im Internet und Konsum mit Köpfchen. [00:01:55] Herzlich willkommen bei "genau genommen". Mein Name ist Patrick Lohmeier und ich freue mich, dass Sie uns zuhören. [00:02:13] Zu dynamischen und individualisierten Preisen in Onlineshops spreche ich mit Dr. Julia Gerhards von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Hallo, Julia!

Dr. Julia Gerhards

[00:02:20] Hallo!

Patrick Lohmeier

[00:02:21] Julia, was sind deine Aufgaben bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz?

Dr. Julia Gerhards

[00:02:25] Ich bin Referentin für Verbraucherrecht und Datenschutz. Außerdem bin ich in einem bundesweiten Projekt unterwegs - Wirtschaftlicher Verbraucherschutz - und insbesondere in diesem Projekt haben wir uns mit dynamischen Preisen beschäftigt.

Patrick Lohmeier

[00:02:40] Wir haben viele Fragen. Vor allem habe ich eben viele Fragen und ich hoffe, du kannst sie mir beantworten. Aber [00:02:50] fangen wir mal ganz grundsätzlich an mit der Frage: Von welchen Faktoren hängen die Preise maßgeblich ab, die mir online angezeigt werden?

Dr. Julia Gerhards

[00:02:58] Das ist gar nicht so leicht zu durchschauen. Wir gehen davon aus, dass es im Augenblick vor allem schwankende Preise, also dynamische Preise, gibt, [00:03:08] die aber für alle im gleichen Maße schwanken. Und dann ist natürlich einfach die Frage: Wie oft schwanken die und wovon hängt das ab? Ja, das kann die Tageszeit sein. Das kann [00:03:19] die Jahreszeit sein. Das kann der Lagerbestand sein - da möchte jemand gerade sein Lager leeren, weil es überquillt oder der Bestand geht gerade zur Neige - das können also sehr sehr viele Faktoren sein. Auch Dinge wie das Endgerät, mit dem ich Preise abfrage. [00:03:37] Und das sind dann so viele Faktoren, dass wir eigentlich gar nicht mehr von außen Rückschlüsse ziehen können, woran es jetzt eigentlich gelegen hat.

Patrick Lohmeier

[00:03:46] Kann man ganz grundsätzlich sagen, das Thema dynamische Preise ist positiv oder kritisch zu betrachten? Weil eigentlich klingt das erstmal relativ neutral: Angebot und Nachfrage und so weiter...

Dr. Julia Gerhards

[00:03:59] Ja, es ist nicht so leicht zu sagen, es ist positiv oder es ist negativ. Ich glaube es wird dann negativ, wenn mir jede Transparenz und Vorhersehbarkeit fehlt. [00:04:12] Ich persönlich finde es extrem schwer, zu entscheiden, wann ich meinen Urlaub buche. Die einen sagen so, die anderen sagen so. Ich habe [00:04:22] überhaupt keine Ahnung, warum ich an dem einen Tag für den Flug 300 Euro und am nächsten 350 Euro zahlen soll und danach wird es wieder günstiger. Und dann wird es irgendwie wie Lotto spielen. [00:04:35] Das macht es mir total schwer, Preise zu vergleichen und [00:04:38] das empfinde ich als extrem unangenehm. Ich möchte auch bei Dingen, die ich so im Alltag brauche [00:04:46] nicht so eine Preiswillkür. Dann gehe ich heute in den Laden und dann kostet womöglich dasselbe Produkt 5 Euro mehr und ich habe aber einfach keine Zeit, jetzt noch in drei andere Läden zu gehen. Also das sind wirklich Grenzen, wo es negativ [00:05:00] wird. Ansonsten, wenn Preise eben auch mal für Angebote nach unten schwanken, finden wir das wohl auch alle ganz okay.

Patrick Lohmeier

[00:05:09] Du hast es ja bereits angedeutet und wir haben uns auch im Vorgespräch ein bisschen dazu unterhalten - es gibt schon noch hier und da die Möglichkeit, zumindest für die Verbraucherinnen für den Verbraucher, dynamische Preise nachzuvollziehen. Früher gab es auch so Bauernweisheiten von wegen dies kauft man am besten am Samstagmorgen oder [00:05:24] diesen und jenen Flug bucht man am besten Sonntag Nacht... aber [00:05:28] du hast gesagt da gibt's mittlerweile ein ganz anderes Phänomen, was sich Anbieter, egal in welchem Segment - ob es jetzt Produkte des täglichen Lebens oder eben Reisekosten sind - zunutze machen. Und das ist ein sogenannter [00:05:41] Exklusionseffekt, also dass mir bestimmte Produkte oder Angebote gar nicht mehr angezeigt werden. Was hat es denn damit auf sich?

Dr. Julia Gerhards

[00:05:48] Das ist jetzt quasi das, was am ehesten in Richtung Personalisierung geht. Also es werden nicht wirklich die Preise personalisierte, [00:05:56] aber die Produkte, die mir angeboten werden. Jeder hat das vielleicht schon mal erlebt, wenn er online was kauft, das ihm dann untendrunter weitere Produkte empfohlen werden. Und wenn ich als Anbieter einen Kunden sehr gut kenne und weiß, in welchem Preissegment und nach welchen Kriterien er Produkte auswählt [00:06:18] und dann kauft er eine neue Sporthose, dann kann ich ihm natürlich ganz gezielt [00:06:25] die passenden Sportschuhe in genau der für den Kunden passenden Preiskategorie anbieten. [00:06:34] Ja und das lädt natürlich dazu ein, das ganze Preisvergleichen sein zu lassen. Als Kunde denke ich ja "Das ist genau das, was ich gesucht habe" [00:06:44] und kaufe. Es geht also viel stärker darum, welchen Preis der Kunde zu zahlen bereit ist und den muss er dann auch zahlen.

Patrick Lohmeier

[00:06:52] Und das nennt man Preisbereitschaft, sagst du?

Dr. Julia Gerhards

[00:06:56] Ja, das ist eben dieses Phänomen, die Preisbereitschaft zu kennen und dann auch voll [00:07:02] abzuschöpfen. Das ist das Ende jedes Schnäppchens. [00:07:07] Und es verdeutlicht auch so ein bisschen, dass wir ganz oft noch die altmodische Vorstellung haben, dass das Produkt und der Preis, den ich dafür zahle, [00:07:16] in irgendeinem Zusammenhang stehen. Wir erleben in vielen Fällen, dass es eine fast vollständige Entkopplung gibt zwischen dem, was ein Produkt eigentlich wert ist und dem Preis, der dafür aufgerufen wird. Ich finde, ein großartiges Beispiel ist [00:07:31] Kaffee zum Mitnehmen. [00:07:32] Das Produkt hat welchen Wert ganz genau? Also einmal Kaffee brühen, dann ein Stück Zucker und bisschen Milch und noch süßlicher Karamellsirup [00:07:45] für 50 Cents extra... das wird mir verkauft für 4,50 Euro, wenn mir das in der richtigen Verpackung serviert wird. Das hat mit dem Preis des Produkts nichts mehr zu tun. [00:07:56] Es ist das Lebensgefühl, das Drumherum, was auch immer mir da verkauft wird. [00:08:01] Das sehen wir zunehmend auch in der Onlinewelt. Wenn ich noch sehen kann "Ach, guck mal, beim Bäcker da vorne kostet der Kaffee nur 1 Euro", dann kann ich mich entscheiden. [00:08:12] Wenn ich nicht mehr sehen kann, was die anderen mir anbieten, dann sehe ich nur noch, was ich sehen soll und dieser Preisvergleich ist nicht mehr möglich.

Patrick Lohmeier

[00:08:22] Ah ja, das Coffeeshop Beispiel lässt sich ja wunderbar auf die Onlinewelt übertragen. Das heißt also, wenn ein Internethändler weiß, welchen Preis ich zu zahlen bereit bin für Produkt X, dann kann er mir eben auch Produkt X zu meinem [00:08:33] individuellen Preis anbieten und dabei ziemlich sicher sein, dass ich nicht zu einem anderen Onlineshop abwandere oder einen Preisvergleich beginne, weil er weiß, ich bin Willens zu bezahlen, was er verlangt. [00:08:45] Aber nicht, weil das Produkt den Preis wert ist, den er verlangt, sondern weil mir(!) das Produkt so viel wert ist.

Dr. Julia Gerhards

[00:08:50] Ganz genau so ist es. Und jetzt kennen wir natürlich schon, dass Werbung uns ein Lebensgefühl verkauft und so weiter. Und wenn ich dann nichts anderes mehr sehe, [00:09:02] Dann kann tatsächlich ein Anbieter theoretisch Preise willkürlich setzen. Der wissenschaftliche Stand dazu ist, dass man Exklusionseffekte [00:09:12] bei dieser Preissetzung noch nicht beobachten kann. Das ist der Glaube auch daran, dass es, [00:09:17] wo es Marktlücken gibt, es immer andere Marktteilnehmer geben wird, die diese dann füllen. Also ich kann ja mein Geld als Anbieter auf unterschiedliche Weise verdienen. Ich kann ein sehr hochwertiges Produkt für viel Geld mit enormen Margen verkaufen. [00:09:32] Von diesen enormen Margen mache ich nur wenige, weil ich wenige Produkte verkaufe. Oder ich kann eine ganz geringe Marge haben und das Ganze als Massengeschäft machen. [00:09:41] Derzeit ist wissenschaftlich der Stand, dass man noch nicht beobachten kann, [00:09:46] dass diese Preisbereitschaftsabfrage zunehmend dazu führt, dass sich dann manche Menschen manche Produkte überhaupt nicht mehr leisten können. Aber [00:09:56] ich weiß nicht, ob wir es ausprobieren wollen und in welchem Maße. Ich glaube, es geht dann irgendwann bei [00:10:01] Preisschwankungen in einer bestimmten Größenordnung auch um so Dinge wie Gerechtigkeit und Fairnessempfinden und Vertrauen. [00:10:11] Es wäre ja beispielsweise für Supermärkte absolut plausibel, zu sagen "Großartig, nach 18 Uhr kommen die Berufstätigen, die haben Geld und die haben's eilig [00:10:20] - ich mache alles doppelt so teuer." [00:10:22] Das würde meinem Gerechtigkeitsempfinden, vor allem für Produkte, die ich zum Leben brauche und wo mir auch die Alternativen fehlen, widersprechen. Das würde ich [00:10:33] zutiefst ungerecht finden.

Patrick Lohmeier

[00:10:35] Ich habe das vorhin so ein bisschen despektierlich als Bauernweisheiten bezeichnet, aber es gab ja zumindest - ich möchte mal [00:10:43] Pi mal Daumen bis vor zehn Jahren sagen, als alles noch nicht ganz so Highend war - doch noch irgendwie so ein paar schlaue Tipps von wegen [00:10:50] "Buche doch deinen Urlaub am besten zu dieser und jener Tageszeit" oder "Kauf doch am besten einen neuen Laptop, wenn du eben einen brauchst, an diesen und jedem Wochentag." [00:10:59] Gibt es da noch irgendetwas, was einigermaßen belastbar ist in der Hinsicht? Also gute Tipps zu Wochentagen oder Uhrzeiten, zu denen Onlineshopping [00:11:07] oder Onlinebuchungen tatsächlich günstiger sind?

Dr. Julia Gerhards

[00:11:10] Nein, das gibt es so nicht. Und wenn man glaubt, einen solchen Tipp gefunden zu haben oder wenn man irgendwo einen liest spätestens, dann hat er sich erledigt. Die Preise beobachten sich ja auch gegenseitig, also die Preisalgorithmen, und reagieren darauf, [00:11:25] was die Mitbewerber tun. Insofern ist es reine Spekulation, wann jetzt der günstigste Zeitpunkt ist. Viel wichtiger ist, [00:11:34] gerade bei höherpreisigen Produkten, [00:11:37] vorher eben Preisvergleich-Charts zu nutzen. Ich habe ja bei vielen Anbietern die Möglichkeit, mir die Preisentwicklung über das letzte Jahr oder sogar noch länger anzuschauen. Und es ist viel wichtiger, [00:11:50] dass man ein Gefühl hat dafür, was ein durchschnittlicher Preis für ein bestimmtes Produkt ist, was ein günstiger Preis und was eigentlich [00:11:59] ein teurer Preis ist, damit man dann, wenn man ein interessantes Angebot findet, dieses verlässlich einordnen. Dann weiß man sofort, [00:12:09] das ist jetzt ein guter Preis, da schlage ich zu. Und es gilt auch ein bisschen, was man zum Spekulieren an der Börse sagt: [00:12:19] Bitte nicht auf den optimalen Zeitpunkt warten. [00:12:22] Wenn ich weiß ich, bin auf der Suche nach einem bestimmten Produkt und wenn ich dann finde, was dem entspricht, dann ist ein guter Moment, auch tatsächlich zu [00:12:38] kaufen und nicht darauf zu warten, dass es noch 2 Euro günstiger wird.

Patrick Lohmeier

[00:12:44] Wir haben bislang überwiegend von für mich noch leicht nachvollziehbaren Gründen für dynamische Preisentwicklungen gesprochen, z.B. aufgrund des aktueller Lagerbestands oder der Nachfrage. [00:12:57] Jetzt aber mal ein bisschen mehr ans Hochtechnologische - Stichwort Cookies. Wie funktioniert das und inwiefern spielen diese eine Rolle [00:13:07] bei individualisierten Preisen?

Dr. Julia Gerhards

[00:13:10] Ja, Cookies ist immer so ein Stichwort... [00:13:13] Es geht vor allem um das Tracking mit Cookies, denn es gibt auch Cookies, die schlicht dafür verantwortlich sind, dass ich meinen Warenkorb wiedersehe, [00:13:22] auch wenn ich auf die nächste Unterseite weiterklicke. Also die sind für bestimmte Funktionalitäten zuständig. Sie werden aber auch für das Tracking genutzt, das heißt für die Verfolgung und für das stetige Wiedererkennen eines bestimmten Verbrauchers. Und wenn mich ein Shop, [00:13:38] noch bevor ich mich angemeldet habe sondern wenn ich erstmal gucken möchte, immer wieder erkennt und sofort zuordnen kann im Sinne von [00:13:47] "Guck mal, das ist die Julia Gerhards, die kauft doch immer besonders gerne dieses oder jenes" oder "Die kriege ich mit jenem Angebot besonders verlockt," [00:13:56] jetzt noch etwas zu kaufen", [00:13:57] dann hat der Shop natürlich die Chance, mir ganz gezielt solche Inhalte und Produkte auszuspielen. Und darum geht's bei den Cookies. [00:14:08] Also, dass ich nicht zulasse, [00:14:11] dass mir Cookies z.B. von Drittanbietern - das ist häufig für Werbenetzwerke - dass mir solche Cookies nicht gesetzt werden. Idealerweise lösche ich auch solche Cookies einfach regelmäßig, um dafür zu sorgen dass mich der Anbieter nicht sofort wiedererkennt. Nur dann habe ich ja die Chance, noch mal als [00:14:31] neutraler Kunde aufzutreten und erstmal den allgemeinen Preis angezeigt zu bekommen.

Patrick Lohmeier

[00:14:36] Okay, dann kann ich also in meine Benutzereinstellungen reingehen, in meinem Browser beispielsweise, und entsprechende Cookies löschen. Aber was kann ich denn tun, damit diese gar nicht erst dort hinein gelangen in meine Surfhistorie?

Dr. Julia Gerhards

[00:14:48] Ich kann vor allem dafür sorgen, dass eben bestimmte Cookies schon gar nicht gesetzt werden dürfen. Diese Drittanbieter-Cookies... das funktioniert nämlich so: Das bezieht sich dann nicht mehr nur auf einen Anbieter, sondern der eine große Anbieter ist [00:15:02] Teil eines Werbenetzwerks [00:15:04] und setzt deswegen das Cookie dieses Werbenetzwerks. Das ist der Drittanbieter. Dann gehe ich auf eine ganz andere Seite und wenn diese Seite auch in demselben Werbenetzwerk drin ist, dann erkennt sie, dass das Cookie schon gesetzt worden ist und da können alle möglichen Informationen drin hinterlegt sein, so dass mich dann auch [00:15:24] andere Shops schon kennen, die eigentlich noch gar nichts über mich wissen dürften.

Patrick Lohmeier

[00:15:29] Stichwort "alle anderen möglichen Informationen"... das klingt dann für mich doch ein bisschen problematisch, weil bisher dachte ich [00:15:36] "Okay, nett, den Warenkorb wieder auftauchen zu lassen, wenn ich eine Webseite eben ein zweites oder drittes Mal besuche. Personalisierte Produktempfehlungen können auch nicht schaden... vielleicht bin ich manchmal sogar ganz erfreut darüber. Aber [00:15:49] diese Informationen, die da abgefragt werden bzw. die ich einfach bewusst preisgebe, indem ich auf "Allen zustimmen" klicke, wenn eben Cookies abgefragt werden, [00:15:58] die können auch an anderen Stellen auftauchen und eben nicht nur bei diesem Onlineshop, sondern plötzlich in einem sozialen Netzwerke, in dem ich mich gerade befinde. Oder?

Dr. Julia Gerhards

[00:16:05] So ist es. Und uns kommen häufig die Einzelinformationen ja völlig [00:16:09] banal vor. Wenn man sich aber vorstellt, wenn ich das niemals gelöscht hätte, dass Dinge, die ich in den letzten zwei, drei, fünf oder zehn Jahren gekauft oder auch nur angeschaut habe, mal in einer Liste auftauchen würden... daraus kann man schon jede Menge Rückschlüsse ziehen. Man weiß zum Beispiel, wer Kinderklamotten regelmässig kauft, der hat wahrscheinlich eine Familie. [00:16:33] Je nachdem, für welche Bücher ich mich interessiere und für welche Art von Kleidung... das sagt unheimlich viel über uns aus. [00:16:41] Viel mehr als uns häufig bewusst ist. Und das heißt, man kann ein viel genaueres Profil von mir erstellen [00:16:49] und mir eben genau die Dinge präsentieren oder nicht präsentieren, die man möchte. Es beschränkt meine Sicht [00:16:59] und mir wird überhaupt nicht bewusst, [00:17:02] Dass es so ein Ungleichgewicht gibt zwischen dem, was der Anbieter von mir weiß, und dem, was ich eigentlich über den Anbieter weiß.

Patrick Lohmeier

[00:17:11] Jetzt sind wir thematisch so weit weg von den Preisen [00:17:14] und das tut mir auch fast schon ein bisschen leid. Aber ich verspreche, wir kehren gleich wieder dahin zurück und wir sollten ja auch ergänzen, dass man weiterführende Informationen zur Cookievermeidung oder Cookiebeseitigung auch unter www.verbraucherzentrale.de findet. [00:17:27] Wohin man sich auch gerne mal hinwenden kann, dass ist die Seite #wasistdeinPreis. Und ich finde, das ist ein superspannendes Tool, [00:17:37] was auch noch mal für mehr Transparenz in Sachen Preisgestaltung in Onlineshops sorgt. Was kannst du uns dazu sagen, Julia?

Dr. Julia Gerhards

[00:17:45] WasistdeinPreis.de haben wir in diesem Bundesprojekt (Wirtschaftlicher Verbraucherschutz, Anm. d. Red.) entwickelt, und da kommt man auf eine Seite und wählt einen Avatar aus, also eine Person, als die man heute einkaufen [00:17:58] möchte. Und als diese Person betritt man einen fiktiven Onlineshop und kann dann da mit verschiedenen Reglern Einstellungen verändern, die dann Auswirkungen haben auf die Preise und auch auf die [00:18:10] dargestellten Produkte. Ist es Sommer, ist es Winter... mit welchem Endgerät kommt jemand da rein... sind Cookies gelöscht worden oder kennt der Anbieter seinen Kunden ganz genau? [00:18:22] Man kann mal so ein bisschen da rumspielen und sehen, was das auch ausmachen kann. Also die [00:18:28] Preise, die wir anzeigen, da haben wir tatsächlich wirkliche Beispiele von real existierenden Preisspreizungen [00:18:37] abgebildet. Das ist nichts, was wir uns nur irgendwie ausgedacht haben. Und da kann man mal sehen, was das für Auswirkungen haben kann und von wie viel Geld man da vielleicht redet. Und auch, [00:18:47] wie eben einzelnen Personen bestimmte Produkte gezeigt werden oder auch nicht.

Patrick Lohmeier

[00:18:53] Nicht nur spannend und tatsächlich auch bereichernd im Sinne von "Ich bin einfach danach ein bisschen schlauer", sondern es ist auch sehr, sehr unterhaltsam, muss ich sagen, mich da durchzuklicken. [00:19:01] Und ich habe mich auch mal die verschiedenen Avatare, die wir haben - also die junge Schülerin bis zur Rentnerin oder dem Beamten mittleren Alters - geklickt und geguckt, was kostet [00:19:11] eigentlich den Michael hier - das ist unser 49-jähriger Beamter - und Lisa, die 18-jährige Schülerin, das gleiche Produkt. [00:19:18] Hier kann man wirklich toll sehen, dass, wenn der Anbieter cookiebasiert weiß, welches Geschlecht ich habe und welches Alter, [00:19:25] er die Preise entsprechend dynamisch anpasst. Da spielen auch Faktoren rein, ob ich ein mobiles Endgerät benutze oder einen Desktop-PC oder vielleicht mit meinem Smartphone surfe... und wo ich das mache und zu welcher Jahreszeit. Also sehr, sehr [00:19:40] interessant.

Dr. Julia Gerhards

[00:19:41] Ja, auf jeden Fall. Wir haben uns natürlich Beispiele ausgesucht, die auch ein bisschen was hermachen. Ansonsten wäre es ja witzlos, denn eher kleinere Preisschwankungen nimmt man gar nicht so großartig wahr und wirklich relevant wird es ja derzeit vor allem [00:19:55] bei höherpreisigen Produkten, wo eben 10 oder 20 Prozent auch wirklich [00:20:00] eine Zahl darstellen, wo es sich lohnt, vorher mal Preise zu vergleichen und wo es relevant ist, ob ich mehr oder weniger zahle.

Patrick Lohmeier

[00:20:07] Das zeigt sich auf jeden Fall noch ganz gut diese - ich weiß nicht, wie du es genau genannt hast, Beliebigkeit (Entkopplung, Anm. d. Red.) der Preisgestaltung. Oder sagen wir mal so, dieses ganze Thema Preisbereitschaft in dem Sinne, dass es eben [00:20:18] wohl für viele Händler überhaupt keinen Unterschied macht, ob sie jetzt eben Produkt X für 80 oder 90 oder 75 Euro verkaufen, sondern dass es eben viel wichtiger ist, einen neuen Kunden oder Kundin zu gewinnen als jetzt diese [00:20:33] 3 Euro mehr oder weniger zu verdienen.

Dr. Julia Gerhards

[00:20:35] Absolut. Es ist aber für für uns als Kunden einfach überhaupt nicht mehr nachvollziehbar, warum wird mir wann welcher Preis angezeigt. [00:20:45] Und dann geht es eben in eine Richtung, dass jeder vorher selbst [00:20:51] recherchieren sollte, was denn ein üblicher Preis, ein günstiger Preis für ein bestimmtes Produkt ist. Vielleicht gibt es auch andere Dinge außenrum, die mir auch noch wichtig sind. Manchmal ist es ja auch nicht nur der günstigste Preis, nach dem ich mich richten sollte, sondern [00:21:05] vielleicht interessiert mich bei einem Elektronikgerät, was ich kaufe, dass ich auch den Händler in der Nähe habe. [00:21:11] Dass ich, wenn etwas in der Garantiezeit oder in der Gewährleistungszeit passiert, einfach einen Ort habe, an den ich das Produkt zur Reparatur vorbeibringen kann und nicht acht Wochen in die USA einschicken muss, damit man es irgendwie richtet.

Patrick Lohmeier

[00:21:26] Okay, da habe ich heute einiges von dir erfahren, was ich bisher nicht wusste, obwohl ich meine, beim Onlineshopping relativ versiert zu sein. Aber ich nehme mal mit: Vorsicht vor Cookies und Vorsicht vor allem davor, wenn eben [00:21:37] Anbieter mein Kaufverhalten manipulieren, indem sie mir bestimmte Preise und Produkte [00:21:42] gar nicht mehr anzeigen und mich für sich gewinnen wollen... mich quasi weglocken wollen von irgendwelchen Onlinepreisvergleichen, wo ich gegebenenfalls auch noch mal nachgucken könnte. [00:21:52] Abseits von Cookies und dem individualisierten Bestpreis - was sind so ganz grundsätzliche Tipps zum Onlineshopping, die du gerne noch mitgeben würdest?

Dr. Julia Gerhards

[00:22:02] Ja, selber versuchen, die ganze Welt zu sehen und eben nicht zulassen, dass mein Blick verengt wird auf bestimmte Angebote. Das heißt, vor allem dann, [00:22:09] wenn ich etwas Teureres kaufen oder buchen möchte, vorher wirklich Preise vergleichen. Deswegen heißt der Shop auch so, wie er heißt...

Patrick Lohmeier

[00:22:18] Also unser - in Gänsefüßchen - "VZ-Shop" WasistdeinPreis.de?

Dr. Julia Gerhards

[00:22:22] Ja. Man muss reflektieren, was denn "mein Preis", den ich zu zahlen bereit bin, ist. Oder eben nicht zu zahlen. [00:22:30] Das ist, glaube ich, die Stellschraube, an der wir am besten selber drehen können und vorher versuchen, möglichst umfassend Preise zu recherchieren. Also am eigenen Rechner und vielleicht noch einmal am Smartphone und vielleicht auch noch mal einen Dritten bitten. [00:22:46] Auch sollte man solche Preischarts nutzen, wo ich wirklich sehen kann, wie sich denn die Preise entwickelt haben. [00:22:55] Ich glaube, ein paar Nischentipps gibt's schon auch immer noch. So wie im Sportartikel-Bereich. [00:23:04] Modelle laufen aus und es kommen dann Nachfolgemodelle... das ist ein guter Moment, die älteren noch zu einem günstigeren Preis zu bekommen. Und im Elektronikbereich haben wir natürlich auch immer Neuheiten, die auf den Markt kommen. [00:23:18] Vielleicht lohnt sich da auch die ältere Produktgeneration. Das lohnt sich vielleicht nochmal. Das sind so aus meiner Perspektive die Dinge, die bleiben, und ansonsten: [00:23:28] Preise vergleichen!

Patrick Lohmeier

[00:23:29] Dass nehme ich auch nochmal mit und erscheint mir sehr, sehr greifbar. Tatsächlich auch gerne mal auf ein Jahr alte Modelle oder ehemalige Kollektionen zurückgreifen... die sind ja auch in aller Regel nicht schlechter.

Dr. Julia Gerhards

[00:23:40] Überhaupt nicht. Und egal, ob wir jetzt von Kleidung oder von digitalen Endgeräten reden, das Thema [00:23:49] gebrauchte Produkte kaufen wäre ja auch aus verschiedenen Perspektiven nochmal interessant. Nicht nur, dass es günstiger und häufig auch ressourcenschonend ist und kann vielleicht auch eine Alternative sein, je nachdem, worum es so geht.

Patrick Lohmeier

[00:24:04] Auch ein Thema, was in diesem Podcast aufschlagen wird, aber dazu ein andermal. Zunächst einmal vielen herzlichen Dank an Dr. Julia Gerhards von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz und schöne Grüße ins Homeoffice nach Mannheim.

Dr. Julia Gerhards

[00:24:17] Danke dir!

Patrick Lohmeier

[00:24:26] Hier noch der Hinweis auf unseren Dummy-Onlineshop, in dem Sie das Phänomen dynamische Preise spielerisch erfahren können. Sie finden ihn unter www.wasistdeinpreis.de. [00:24:36] Ich kann Ihnen versprechen, es wird Sie überraschen, wie teuer die gleiche SmartWatch die morgens mit dem Tablet surfende Rentnerin im Vergleich zum abends am PC shoppenden Beamten zu stehen kommt. [00:24:47] Alles weitere zu neugierigen Cookies und schlauem Shoppen im Internet finden Sie unter www.verbraucherzentrale.de. [00:24:53] Dort finden Sie natürlich auch weitere Folgen von "genau genommen". Aber falls Sie es nicht bereits getan haben, abonnieren Sie uns doch auch gerne in einer Podcast App Ihrer Wahl. Und: Empfehlen Sie uns weiter. [00:25:04] Vielen Dank an alle Menschen, die die Produktion dieser Podcastreihe ermöglichen. Und natürlich vielen Dank an Sie fürs Zuhören. [00:25:11] Für Feedback und Themenwünsche erreichen Sie mich per E-Mail an podcast@vz-bln.de. [00:25:19] Dies war "genau genommen - der Podcast der Verbraucherzentralen". Mein Name ist Patrick Lohmeier und ich freue mich aufs Wiederhören.

 

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