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Null-Prozent-Finanzierung: Hintergründe, Fallen, Vor- und Nachteile

Stand:
Werbeaussagen mit dem Versprechen "0%-Finanzierung" sind allgegenwärtig: Möbelhäuser, Elektromärkte und Autohändler bieten ihre Produkte standardmäßig zum Kauf mit zinsloser Finanzierung an. Was früher eine kurzfristige Aktion war, ist heute zum Regelfall geworden.
Schreibblock, Taschenrechner und Kalender auf einem Tisch

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kaufen Sie ein Produkt über eine "Null-Prozent-Finanzierung", schließen Sie tatsächlich einen Kredit bei einem Kreditinstitut ab.
  • Die meist kleinen Raten lenken schnell vom eigentlichen Kaufpreis ab. Die Ware kann aber auch teurer sein als bei anderen Anbietern.
  • Eine solche Finanzierung enthält vielfach Fallen wie Versicherungen, versteckte Zusatzkosten oder einen weiteren Rahmenkredit.
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Schuldenmachen gehört ganz selbstverständlich zum Alltag vieler Verbraucher:innen. Dabei macht man sich selten bewusst, worum es sich bei solch einem verlockenden Angebot eigentlich handelt: Eine Werbemaßnahme zur Steigerung der Verkaufszahlen!

Gleichzeitig geht der Trend von der Finanzierung hochpreisiger und langlebiger Konsumgüter zu finanzierten Angeboten von niedrigpreisigen Verbrauchsgütern und täglichem Lebensbedarf. Und sie funktioniert ganz offensichtlich: Die Zahl der Konsumentenkredite steigt kontinuierlich an.

Was steckt hinter dem Angebot einer "Null-Prozent-Finanzierung"?

Kaufen Sie ein Produkt über eine "Null-Prozent-Finanzierung", schließen Sie tatsächlich einen Kredit bei einem Kreditinstitut ab, mit dem der Händler kooperiert. Es handelt sich dabei meist um einen klassischen Ratenkredit mit fester Laufzeit und Ratenhöhe, jedoch ohne Zinsbelastung für den Kreditnehmer. Der Kaufpreis für die Ware wird über die Kreditauszahlung direkt an den Händler beglichen, und Sie zahlen in der Folge die Raten an das Kreditinstitut.

Wer verdient an dem Geschäft?

Händler nutzen die Finanzierungsmöglichkeit zur Umsatzsteigerung. Selbst wenn sie ein Entgelt für die Finanzierung an die Bank zahlen müssen, lohnt sich das Geschäft. Ein Geschenk an die Kund:innen ist damit nicht verbunden, denn auch versteckte Kosten werden in der Preiskalkulation des Händlers berücksichtigt. Zudem ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine stärkere Konsumnachfrage durchaus gewollt.

Und für die Kreditinstitute rechnen sich solche Finanzierungen trotz fehlender Zinseinnahme ebenfalls: Sie gewinnen neue Kund:innen mit wertvollen Kundendaten, ohne selbst in andere, teure Werbemaßnahmen investieren zu müssen. Kennt das Kreditinstitut Sie aufgrund des Kreditgeschäftes genauer, fällt es viel leichter, durch passgenaue Angebote lukrative Folgeverträge zu bewerben.

Welche Vor- und Nachteile ergeben sich für Verbraucher?

Vorteile:

  • Sie können auch bei fehlendem Eigenkapital Anschaffungen ohne Zusatzkosten vornehmen.
  • Sie müssen nichts ansparen und kein rentabel angelegtes Kapital angreifen.
  • Vorübergehende finanzielle Engpässe können Sie überbrücken.

Nachteile:

  • "Null-Prozent-Finanzierung" bedeutet nicht automatisch, dass Sie die Ware selbst günstig erwerben - sie kann vielmehr deutlich teurer sein als bei anderen Anbietern.
  • Auch der Verhandlungsspielraum über den Kaufpreis ist häufig eingeschränkt. Barzahlungsrabatte sind nicht möglich.
  • Finanzierungsangebote ohne Zinsen verführen außerdem zu unüberlegtem Konsum. Die Gefahr ist groß, mehr zu kaufen als finanziell leistbar ist oder zu diesem Zeitpunkt benötigt wird.
  • Die aggressive Werbung suggeriert Verbraucher:innen, sie könnten sich das Produkt problemlos leisten.
  • Die meist kleinen Raten lenken schnell vom eigentlichen Kaufpreis ab. Aber auch niedrige Ratenbelastungen bei längeren Laufzeiten bergen die Gefahr, den Überblick über die monatlichen Verpflichtungen zu verlieren und in eine Schuldenspirale einzusteigen.

"Null-Prozent-Finanzierungen" sind schnell, unüberlegt und unbürokratisch abgeschlossen: Mitarbeiter des Unternehmens verfolgen festgelegte Absatzziele und möglicherweise mit der Aussicht auf Provision auch eigene Interessen, wenn sie Ihnen den Kauf mit einer Finanzierung erleichtern wollen. Sie sind auch nicht als Bankkaufleute ausgebildet. Entsprechend rudimentär ist die Beratung bzw. Aufklärung über die Besonderheiten und Risiken einer Kreditaufnahme.

Eine "Null-Prozent-Finanzierung" heißt nicht unbedingt, dass der Vertragsabschluss für Sie kostenlos oder besonders günstig sein muss. Vielfach lauern versteckte Fallen in derartigen Angeboten:

Augen auf bei zusätzlichen Restschuldversicherungen, Kreditausfallversicherungen oder Ratenschutzversicherungen

Unter diesen und ähnlichen Begriffen wird vermeintlich unverzichtbarer Schutz verkauft, der Probleme bei der Ratenzahlung absichern soll. Häufig ist der Abschluss dieser Verträge durch das finanzierende Kreditinstitut bereits voreingestellt. Wegen zahlreicher Ausnahmetatbestände leisten Versicherungen vielfach gerade dann nicht, wenn man sie benötigt.  Gleichzeitig sind sie aber teuer - somit ist ihr Abschluss in der Regel nicht zu empfehlen. Sie können den Abschluss solcher Zusatzgeschäfte ablehnen.

Vorsicht vor versteckten Zusatzkosten

Auch bei fehlendem Zins können sich manchmal zusätzliche Entgelte, etwa für die Kontoführung, im Kleingedruckten verstecken. Im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung zu Bearbeitungsgebühren und Entgelten sollte man hinterfragen, ob diese überhaupt vereinbart werden durften. Macht das Institut Kosten geltend, die nach der Preisangabenverordnung Teil des "Kreditpreises" sind ‒ zum Beispiel Vermittlungskosten, die dem Kreditgeber bekannt sind ‒, muss es sie im "effektiven Jahreszins" ‒ als tatsächlicher Preis eines Kredits ‒ ausweisen.

Achtung, Dispofalle

Schaffen Sie die Ratenzahlung voraussichtlich nur, indem Sie häufiger Ihren Dispokredit in Anspruch nehmen, wird aus den vermeintlichen 0% Zinsen ganz schnell ein teurer Spaß. Daher sollten Sie auch eine geringe Ratenverpflichtung im Vorfeld gut durchdenken.

Vorsicht bei zusätzlichem (unerwünschtem) Kreditrahmen

Nicht selten wird mit der "Null-Prozent-Finanzierung" automatisch und ohne aufklärende Beratung, manchmal auch versteckt im Kleingedruckten, ein weiterer Rahmenkredit vereinbart: Ähnlich einem Dispokredit, nur getrennt vom Girokonto, stellt die Bank einen Kreditrahmen zur Verfügung, den Sie meist über eine Maestro- oder Kreditkarte in Anspruch nehmen können.

Für diesen zusätzlichen Rahmenkredit gilt das "Null-Prozent-Angebot" allerdings nicht. Sogar ganz im Gegenteil. Die Zinsen sind oft ebenso teuer wie beim Dispokredit oder unter Umständen noch höher und im Regelfall variabel. Nehmen Sie den Kredit in Anspruch, indem man z.B. mit der zugeschickten Karte einkauft, kann sich die Rückzahlung teuer in die Länge ziehen. Da regelmäßig nur ein monatlicher Mindestbetrag eingezogen wird, müssen Sie in diesem Fall die Ratenzahlung aktiv erhöhen. Hinzu kommt häufig der Abschluss einer weiteren Restschuldversicherung mit monatlicher Prämienzahlung zu Lasten des Kreditkontos.

Generell besteht bei dieser Kreditform ein besonders hohes Risiko, den finanziellen Überblick zu verlieren. Sie können den Abschluss des zusätzlichen Kreditrahmens auch ablehnen - wobei unklar ist, ob dann die gewünschte "Null-Prozent-Finanzierung" in Frage steht.

Vorsicht bei neuen Finanzierungskombinationen

Zinsfreiheit nur für kurze Zeit beinhalten Kombinationen von "Null-Prozent-Finanzierungen" und Rahmen- oder Kartenkrediten: Für die "Null-Prozent-Finanzierung" wird in diesen Fällen kein separater Ratenkredit abgeschlossen. Die Finanzierung erfolgt vielmehr über einen Rahmenkreditvertrag, bei dem der Zins für eine bestimmte Zeit und eine bestimmte Summe auf 0% gesetzt wird. Erfolgt die Rückzahlung nicht innerhalb der Frist oder nehmen Sie weitere Beträge in Anspruch, zahlen Sie hierfür die hohen Zinsen des Rahmenkredites.

Erfolgreiche Klage gegen Seitenbetreiber von mediamarkt.de und saturn.de

Die Verbraucherzentrale NRW hatte im November 2021 die Betreiberfirma der Online-Seiten www.saturn.de und www.mediamarkt.de, MMS E-Commerce GmbH, u.a. wegen Irreführung verklagt, nachdem diese auf eine Abmahnung nicht reagiert hat: Die dortigen Angebote mit Nullprozent-Finanzierung können zu einem Rahmenkredit führen, der z.B. bei weiteren Einkäufen über diesen Rahmen hohe Kosten verursachen kann. Dies wurde aus unserer Sicht auf den Onlineseiten nicht deutlich genug kommuniziert und war somit nicht ausreichend erkennbar.

Nachdem in der ersten Instanz hat das Landgericht Ingolstadt diese Sicht im Wesentlichen bestätigt hat, stellte das Oberlandesgericht München im Juni 2023 in seinem Urteil endgültig klar, dass Unternehmen, die eine „Null-Prozent-Finanzierung“ anbieten, Verbraucher:innen klar und unmissverständlich darauf hinweisen müssen, wenn an das Finanzierungsangebot ein Rahmenkredit gekoppelt ist. Außerdem darf ein Rahmenkredit auch bei einem Finanzierungsangebot nur von solchen Unternehmen vermittelt werden, die dafür die Erlaubnis der zuständigen Behörde haben. Damit ist das Gericht vollumfänglich unserer Argumentation gefolgt und Verbraucher:innen haben nun mehr Rechtssicherheit.

Achtung, Ballonrate

Gerade Autofinanzierungen weisen oftmals Ratenkredite mit relativ kurzer Laufzeit, sehr niedrigen Raten und 0% Zinsen auf. Endet die vereinbarte zinsfreie Laufzeit, wartet eine sehr hohe Abschlussrate, die sogenannte Ballonrate, die Betroffene meist nur über eine weitere und im Regelfall verzinste Kreditaufnahme stemmen können.

Ein Gesundheitsgerät neben dem Wort Aufruf in einem Ausrufezeichen.

Healy: Vorsicht vor falschen Gesundheitsversprechen

Bei den Verbraucherzentralen haben sich in den letzten Monaten die Beschwerden über das Produkt "Healy" gehäuft, weil selbstständige „Healy“-Vertriebspartner:innen behaupten, das Produkt würde etwa bei Multipler Sklerose, Depressionen, ADHS oder Hauterkrankungen helfen. Diese Heilsversprechen sind nicht haltbar.
Lachender Mann mit Geldscheinen in der Hand

Vergleich mit primaholding-Unternehmen: Letzte Chance für Verbraucher:innen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat mit primastrom, voxenergie und nowenergy einen Vergleich geschlossen. Es ging dabei um überhöhte Preise und unangemessene Vertragslaufzeiten. Noch bis zum 31. Dezember 2024 können Sie sich an die Unternehmen wenden und sich auf den Vergleich berufen.
Foto einer Frau, die auf einem Sofa sitzt und bestürzt in ein geöffnetes Paket schaut.

Shoppen auf Online-Marktplätzen: Verbraucher:innen erwarten sichere Produkte

Die Mehrheit der Verbraucher:innen erwartet, dass die Produkte auf Online-Marktplätzen sicher und gesetzkonform sind – und sehen die Plattformbetreiber in der Verantwortung. Das zeigt eine Befragung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Aktuell sind Plattformen nicht in der Pflicht, Produktsicherheit zu gewährleisten.