Auf der Suche nach einem neuen Job werden Bewerberinnen und Bewerber zunehmend Opfer von betrügerischen Angeboten. Kriminelle nutzen das Video-Ident-Verfahren, um im Namen der Bewerber Konten zu eröffnen und diese für Geldwäsche oder andere kriminelle Machenschaften zu missbrauchen. Die Verbraucherzentrale Hessen erklärt, wie die Betrüger bei dieser Masche vorgehen und wie man sich davor schützen kann.
Anna B. aus Offenbach war auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Ein vermeintliches Jobangebot versprach flexible Arbeitszeiten, gute Verdienstmöglichkeiten und die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Der angebliche Job bestand darin, unter anderem die Eröffnung eines Online-Bankkontos zu testen und den Ablauf zu bewerten. Im Rahmen einer bezahlten Probearbeit sollte Anna B. sich über ein Online-Tool für ein Girokonto bei einer Partnerbank anmelden und den Registrierungsprozess dokumentieren. Dabei wurde sie aufgefordert, ein Legitimationsfoto hochzuladen – ein Selfie, auf dem sie ihren Personalausweis gut sichtbar in der Hand hält. Dieses Video-Ident-Verfahren wird unter anderem von Banken genutzt, um Online-Konten zu eröffnen.
Die Masche hinter dem Jobangebot
Die Betrüger nutzen das Video-Ident-Verfahren, um im Namen der Bewerber ein vermeintliches Test-Konto zu eröffnen. Dabei sollen die Bewerber Kontaktdaten wie Telefonnummer, E-Mail-Adresse angeben, die ihnen die Betrüger zuvor über einen WhatsApp-Supportkanal übermittelt haben. Besonders perfide: Die Kriminellen bitten darum, bei der Registrierung keinen Hinweis darauf zu geben, dass das Konto nur zu Testzwecken eröffnet wird, da der Test möglichst realitätsnah ablaufen soll. Die Unterlagen über die Konto-Eröffnung sollen die Bewerber nach Abschluss des Tests an den vermeintlichen Arbeitgeber schicken – angeblich, um sie dort zu vernichten. Den Bewerbern wird zugesichert, dass die Testkonten nach der Auswertung automatisch gelöscht würden und sie hierüber benachrichtigt würden.
Hohes Betrugsrisiko
„Tatsächlich werden die Testkonten nicht gelöscht, sondern für kriminelle Zwecke missbraucht und können für Geldtransfers genutzt werden“, warnt Olesja Jäger, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Hessen. „Die Opfer dieser Masche werden ohne ihr Wissen zu Mittätern von Kriminellen. Das kann straf- und zivilrechtliche Konsequenzen haben.“ Die Betrüger geben zum Beispiel im Namen der Opfer Gelder frei oder beantragen Dispokredite, was zu einem Minus auf dem Konto führt. „Die Opfer können dann wegen Geldwäsche oder Betrugs belangt werden“, so Jäger weiter.
Tipps der Verbraucherzentrale
- Wer aufgefordert wird, ein Konto einzurichten, dessen Zweck unklar ist, sollte misstrauisch werden und die Konto-Eröffnung möglichst umgehend abbrechen. Das gilt insbesondere, wenn man sich in einem Video-Ident-Verfahren mit vorgegebenen Antworten legitimieren soll.
- Wer einen neuen Job sucht, sollte zunächst prüfen, ob es das Unternehmen wirklich gibt. Eine Webseite mit Impressum und eine real existierende Adresse sind gute Hinweise. Auch ein Blick ins Handelsregister kann Aufschluss darüber geben, ob der potentielle Arbeitgeber existiert.
- Wenn die Abfrage persönlicher Daten, einschließlich Bankdaten, über Chats oder Messenger erfolgt und es keinen persönlichen oder telefonischen Kontakt zum potenziellen Arbeitgeber gibt, sollte das auch misstrauisch machen. In diesem Fall ist es ratsam, keine persönlichen Daten herauszugeben.
- Wer vermutet, Opfer eines betrügerischen Jobangebots geworden zu sein, sollte unbedingt die Bank kontaktieren, um das neu eröffnete Konto sperren zu lassen. Zudem sollte der Vorfall dokumentiert, Anzeige bei der Polizei erstattet und Auskunfteien wie die Schufa informiert werden.
- Internetkriminalität kommt in vielfältiger Weise vor. Ein interaktives Online-Tool der Verbraucherzentralen bietet mit praktischen Checklisten konkrete Handlungsmöglichkeiten im Notfall: www.verbraucherzentrale-hessen.de/internetkriminalitaet-notfallcheck.
Das interaktive Online-Tool "Notfallcheck Internetkriminalität" ist im Rahmen des Projektes "Wirtschaftlicher Verbraucherschutz" entstanden - gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.