Hier finden Sie unsere Positionen und Forderungen im Bereich Lebensmittel & Ernährung
- Kindermarketing für fett-, zucker- und salzreiche Lebensmittel bundesweit gesetzlich beschränken
Sachverhalt
Unternehmen der Lebensmittelindustrie werben mit verschiedensten Strategien wie Verpackungsgestaltung, Medien (TV, Radio, Internet, Social Media, Filmformate, Apps), Influencern, Sponsoring oder Eventunterstützung direkt oder indirekt für ihre Produkte. Die Marketingaktivitäten richten sich dabei unter anderem an die besonders schützenswerte Zielgruppe der Kinder. Wie Untersuchungen zeigen, sehen Heranwachsende durchschnittlich pro Tag 15,5 Werbespots oder -anzeigen für Lebensmittel. Davon beziehen sich 92 Prozent auf Fast Food, Snacks und Süßes.
Fachleute sind sich sicher, dass die an junge Menschen gerichtete Werbung für fett-, zucker- und salzreiche Lebensmittel deren Ernährungsverhalten ungünstig beeinflusst. Heranwachsende essen doppelt so viel Süßwaren und Snacks und nur halb so viel Gemüse und Obst wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen. Rund 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen haben Übergewicht, etwa ein Drittel davon schweres Übergewicht (Adipositas). Die gesundheitlichen Folgen eines zu hohen Körpergewichtes, Typ-II-Diabetes und orthopädische Beschwerden belasten nicht nur die Kinder und Jugendlichen selbst, sondern auch das Gesundheitssystem. Der Medienkonsum, die Zahl der übergewichtigen Heranwachsenden sowie das Ausmaß des Übergewichtes sind während der Corona-Pandemie nochmals gestiegen.
Es ist mehr als überfällig, dass Marketingaktivitäten für zu fett-, zucker- und salzreiche Lebensmittel, die sich an unter 14-Jährige richten, bundeseinheitlich gesetzlich geregelt werden. Die freiwilligen Selbstbeschränkungen der Wirtschaft haben bisher praktisch keine Wirkung gezeigt.
Wir begrüßen daher, dass die im Koalitionsvertrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP vorgesehene, verbindliche Beschränkung der an Kinder gerichteten Werbung für Lebensmittel Anfang März 2023 auf den Weg gebracht wurde. Der vorliegende Gesetzesentwurf des Bundesernährungsministeriums enthält viele der Maßnahmen, die die Verbraucherzentralen und ihr Bundesverband seit Jahren fordern. So soll sich die Beurteilung eines hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehaltes an den Anforderungen des wissenschaftlich fundierten und international anerkannten Nährwertprofilmodells der Weltgesundheitsorganisation orientieren. Auch Influencer-Marketing, Uhrzeitenregelungen und Außenwerbung im Umkreis von Einrichtungen für Kinder sind berücksichtigt.
Es bleibt zu hoffen, dass das Gesetz möglichst bald und unverwässert in Kraft tritt.
Unsere Forderungen
Die gesetzlichen Regelungen für ein Werbeverbot auf Bundesebene sollten gelten für:
- alle Kanäle und Werbeformate (wie TV, Radio, Social Media, Influencer) von 6-23 Uhr, bei paid content generell
- alle Lebensmittel, die die Grenzwerte für Zucker, Fett und Salz des Nährwertprofil-Modells der WHO Europa überschreiten
- alle verpackten Lebensmittel mit Kinderoptik, die dem WHO-Nährwertprofil nicht entsprechen
- jegliche Außenwerbung im Umkreis (100 m) von Einrichtungen für Kinder
- jegliche Form von „Produkt"-Werbung an Schulen
Die Einhaltung der Vorgaben muss staatlich kontrolliert und wissenschaftlich evaluiert werden.
Zur weiteren Information
- WHO Regional Office for Europe Nutrient Profile Model, second edition, 2023
- Mehr Kinderschutz in der Werbung: Pläne für klare Regeln zu an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, März 2023
- Policy-Brief vzbv AOK DANK. Kindermarketing für Lebensmittel | Vorschlag zur Ausgestaltung der Werbebeschränkung, Februar 2022
- Lebensmittel mit Kinderoptik verbindlich regeln. Positionspapier des Verbraucherzentrale Bundesverbandes. März 2021
- Keine Werbung in der Schule. Aktivitäten von Wirtschaft im Bildungsbereich wirksam begrenzen und kontrollieren. 5. März 2020, Positionspapier der Verbraucherzentralen und des Verbraucherzentrale Bundesverbands
- Lebensmittelüberwachung reformieren
Sachverhalt
Listerien in Wurstwaren und geschnittenem Gemüse, Mäusekot in Gaststätten, Ethylenoxid in Sesam: Regelmäßig kommt es zu mikrobiell oder mit Schadstoffen verunreinigten Lebensmitteln. Diese gelangen in den Handel oder die Außer-Haus-Verpflegung und gefährden die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher. Seit Jahren zeigen Untersuchungen: Es sind nicht nur die Herstellenden, die unsauber arbeiten und gegen rechtliche Vorschriften verstoßen. Auch die strukturellen Defizite in der Lebensmittelüberwachung werden deutlich. Hygienemängel, Schadstoffeinträge und Kennzeichnungsverstöße bleiben oft zu lange unentdeckt.
Eine kommunal organisierte Lebensmittelüberwachung wird den überregional und international tätigen Betrieben mit umfangreichen Lieferketten nicht gerecht. Sie birgt zudem die Gefahr von Interessenskonflikten aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeiten auf kommunaler Ebene.
Die gesetzlichen Vorgaben und die technische Ausstattung erschweren den Behörden die schnelle und lückenlose Rückverfolgung der Lieferketten im Krisenfall. Die Zahl der Lebensmittelkontrollen ist seit 2007 aufgrund fehlenden Fachpersonals gesunken. Die Lebensmittelrückrufe und Betriebsschließungen erfolgen nur zögerlich und meist zu spät, Betroffene werden oft unzureichend informiert.
Egal ob Gastronomie, Supermarkt oder Online-Shop: Verbraucherinnen und Verbraucher müssen darauf vertrauen können, dass Lebensmittel sicher sind, die Aufmachung nicht über den wahren Inhalt täuscht, genügend schlagkräftige Kontrollen stattfinden und diese auch Konsequenzen haben.
Unsere Forderungen
- Die Verantwortung für die Lebensmittelüberwachung muss von den Kommunen auf die Landesebene mit regionalen Außenstellen verschoben werden.
- Die Lebensmittelkontrollbehörden sind unabhängig von der Finanzsituation in den Kommunen mit genügend Personal auszustatten, um die erforderlichen Kontrollen und konsequente Nachverfolgung durchführen zu können.
- Die rechtlichen Vorgaben müssen so angepasst werden, dass die Kontrollbehörden Rückrufe sofort anordnen und selbst durchführen können.
- Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen im Krisenfall über Lebensmittelrückrufe schnell, umfassend und verständlich informiert werden.
- Es muss ein einheitliches Transparenzsystem entwickelt werden, das die Ergebnisse von Betriebskontrollen in der Außer-Haus-Verpflegung leicht zugänglich und verständlich offenlegt.
Zur weiteren Information
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv): Fehler im System: Missstände in der Lebensmittelüberwachung beheben (PDF)
- Nahrungsergänzungsmittel besser regulieren und kontrollieren
Sachverhalt
Ob Vitamin D gegen Coronaviren, L-Carnitin zur besseren Fettverbrennung oder Macawurzel zur Potenzsteigerung – Nahrungsergänzungsmittel sollen wahre Wunder bewirken. Gerade im Internet und beim Direktvertrieb finden sich viele Produkte mit unzulässigen Gesundheitsversprechen, unsicheren Inhaltsstoffen und zu hohen Dosierungen.
Hoch dosiert können Nahrungsergänzungsmittel ernsthafte Nebenwirkungen haben oder gemeinsam mit Medikamenten eingenommen zu unerwünschten Wechselwirkungen führen. Sie unterliegen anders als Arzneimittel jedoch keinem Zulassungsverfahren und es gibt keine verbindlichen Höchstmengen.
Unsere Forderungen
Um Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefahren zu schützen und Täuschung zu bewahren, sind bessere Regelungen für Nahrungsergänzungsmittel erforderlich:
- Gesetzliche Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe
- Positivlisten für „sonstige Stoffe“ wie Aminosäuren, Ballaststoffe oder Pflanzenextrakte
- Prüfverfahren für die Wirksamkeit und Sicherheit
- Meldestelle für Neben- und Wechselwirkungen