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Wenn der Teller leer bleibt - Ernährungsarmut bei Kindern und Familien

Stand:
Ernährungsarmut ist in Deutschland oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, da die Betroffenen meist unter einer unzureichenden Versorgung mit Nährstoffen leiden. Dies kann vor allem bei Kindern zu einer eingeschränkten Entwicklung mit fatalen Folgen bis ins Erwachsenenalter führen.
Leeres Portemonnaie im Supermarkt

Das Wichtigste in Kürze:

  • In Deutschland sind 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche armutsgefährdet.
  • Ernährungsarmut zeigt sich in unserer Gesellschaft meist durch eine mangelnde Versorgung mit Nährstoffen, bei gleichzeitigem Übergewicht.
  • Eine ausgewogene Ernährung von Kindern und Jugendlichen sollte vor allem pflanzlich und abwechslungsreich sein.
  • Von Ernährungsarmut betroffene Kinder leiden teilweise unter körperlichen und kognitiven Entwicklungsstörungen.
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Aktuelle Situation bei Kindern und Familien in Deutschland

In Deutschland waren laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2022 knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet. Dies ist der Fall, wenn die Familie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt.

Im Juni 2023 bezogen knapp 5,5 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. 2 Millionen Kinder lebten 2023 in Familien, die Bürgergeld beziehen.

Für alleinstehende oder alleinerziehende Erwachsene betrug die monatliche Grundsicherung im Jahr 2023 laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales 502 Euro. Schwangere und Alleinerziehende haben zusätzlich auch Anspruch auf Mehrbedarfe. Für Kinder liegt der Regelbedarf im Jahr 2024 je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro. Für Kinder von 0 bis 6 Jahren stehen pro Tag rund 3,85 Euro für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke zur Verfügung.

Ernährungsarmut in Deutschland

Der Begriff „Ernährungsarmut“ wird häufig mit hungernden Kindern in Entwicklungsländern in Verbindung gebracht. In Deutschland zeigt sich Ernährungsarmut hingegen oft durch eine mangelnde Versorgung mit Nährstoffen bei gleichzeitiger Überversorgung mit Kalorien. Daher können auch übergewichtige Kinder von Ernährungsarmut betroffen sein und unter einem sogenannten „verborgenen Hunger“ leiden. Darüber hinaus ist Ernährungsarmut in unserer Gesellschaft auch eine Frage von sozialer Teilhabe.

Eine Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat gezeigt, dass sich Kinder und Jugendliche mit einem niedrigen sozioökonomischen Status häufiger ungesund ernähren, seltener Sport treiben und häufiger übergewichtig oder adipös sind. Gleichzeitig sind sie oft nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt.

Eine britische Studie zeigt, dass nährstoffarme Lebensmittel mit hohem Stärke- und Zuckeranteil im Vergleich zu nährstoffreichen Lebensmitteln relativ preisgünstig in Bezug auf den Kaloriengehalt sind. Denn Softdrinks, Brot, Nudeln oder Pizza enthalten viele Kalorien pro Euro, während Obst und Gemüse verhältnismäßig teuer sind.

Eine Untersuchung des Forschungsinstituts für Kinderernährung zeigt, dass Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten weniger frisches Obst und Gemüse, Milchprodukte und fettarmes Fleisch bzw. Fleischprodukte essen. Umso häufiger verzehren sie fettreiches Fleisch, preisgünstige Wurstprodukte sowie hochkalorische Fertigprodukte.

In Deutschland wurden 2019 laut Heinrich-Böll-Stiftung knapp 500.000 Kinder über Lebensmittelspenden der Tafeln mitversorgt. In armutsbetroffenen Haushalten gibt es oftmals eine deutlich geringere Vielfalt an Lebensmitteln. So hat eine Erhebung der EU-Statistikbehörde Eurostat ergeben, dass sich 11,4 Prozent der deutschen Haushalte nicht jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten können. Bei von Armut gefährdeten Menschen sind es sogar fast 25 Prozent.

Ausgewogene Ernährung bei Kindern

Bild einer Ernährungspyramide
Stand: 2023

Die Ernährung von Kindern sollte ausgewogen und abwechslungsreich sein. Das bedeutet, dass viele verschiedene Lebensmittel auf den Teller kommen und ausprobiert werden sollten. Wie eine ausgewogene Ernährung aussieht, zeigt die Ernährungspyramide des Bundeszentrums für Ernährung.

  1. Die Grundlage bilden ungesüßte Getränke wie Wasser. Kinder zwischen 4 und 17 Jahren sollten laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung am besten 1 bis 1,5 Liter pro Tag trinken.
  2. Die zweite Stufe bilden Gemüse und Obst. Empfohlen sind 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst am Tag. Die Kinderhand ist eine gute Orientierung für die richtige Portionsgröße. Eine Obstportion ist beispielsweise ein kleiner Apfel oder eine Banane.
  3. Auch Getreideprodukte gehören mit 4 Portionen pro Tag zu fast jeder Mahlzeit. Dies kann z. B. eine Scheibe Brot oder eine kleine Schüssel Nudeln sein. Am besten eignen sich Vollkornprodukte, da sie mit wertvollen Inhaltsstoffen punkten und lange satt machen.
  4. Bei Milch und Milchprodukten reichen 3 Portionen am Tag. Eine Portion Milch ist beispielsweise eine Scheibe Käse oder ein Glas Milch. Fleisch sollte maximal 3 Mal in der Woche auf dem Speiseplan stehen. 2 bis 3 Eier pro Woche und einmal Fisch reichen vollkommen aus.
  5. Fette und Öle sowie Süßigkeiten sind mit Bedacht zu genießen und sollten nur in geringem Maße verzehrt werden.

Hinweis: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat im März 2024 neue lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen für Erwachsene veröffentlicht. Seitens der DGE ist geplant, zeitnah angepasste lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche herauszugeben.

Risiken von Ernährungsarmut

Viele Kinder, die in Deutschland von Ernährungsarmut betroffenen sind, nehmen zwar ausreichend oder sogar zu viele Kalorien zu sich, gleichzeitig fehlen ihnen aber wichtige Vitamine und Mineralstoffe.

Kinder aus Elternhäusern mit einem geringen Einkommen, einem niedrigen sozioökonomischen Status und einem geringen Ausbildungsniveau sind signifikant kleiner als gut versorgte gleichaltrige Kinder, wie eine Studie aus Brandenburg zeigt. Auch ihr Immunsystem ist schwächer und sie weisen zum Teil Entwicklungsstörungen auf. Vor allem die Ernährung in den ersten 1000 Tagen im Leben eines Menschen sind entscheidend für dessen Entwicklung. Für die Entwicklung des Gehirns braucht es alle wichtigen Nährstoffe. Eine unzureichende Versorgung kann sich negativ auf die kognitive Entwicklung des Kindes auswirken. Mehr dazu können Sie hier nachlesen.

Auch Übergewicht kommt bei von Ernährungsarmut betroffenen Kinder häufiger vor. Die Adipositas-Prävalenz ist in Gruppen mit niedrigem Sozialindex bei Mädchen 4-fach und bei Jungen 4,5-fach höher als bei Kindern aus Familien mit gutem Einkommen, wie eine Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zeigt.

Darüber hinaus können Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien auch von sozialer Benachteiligung betroffen sein. Übergewichtige Jugendliche sehen sich im (Schul-)Alltag mit Vorurteilen wie geringer Leistungsbereitschaft, mangelnder Eigenverantwortung und fehlender Selbstdisziplin konfrontiert. Sie haben den Eindruck, sich mehr anstrengen zu müssen, als Gleichaltrige mit Normalgewicht. Bei Kindern und Jugendlichen kann diese Ausgrenzung zu psychosozialen Folgen wie einem geringen Selbstbewusstsein oder fehlender Wertschätzung führen.

Ein Kreislauf, der nur schwer zu durchbrechen ist. Denn wer armutsbetroffen ist, kann sich und seine Kinder oft nicht ausreichend ernähren. Wer besonders in der frühen Kindheit mangelernährt ist, hat ein hohes Risiko aufgrund von Entwicklungsdefiziten in der Armut zu bleiben.

Gegen Ernährungsarmut: Wofür die Verbraucherzentrale sich einsetzt

  1. Eine deutliche Anhebung der Regelbedarfe des Bürgergeldes, so dass auch bei hohen Lebensmittelpreisen eine gesunde Ernährung möglich ist
  2. Sonderzahlungen für Menschen mit niedrigem Einkommen und Beziehende von Grundsicherung
  3. Die Anpassung der Berechnungsgrundlage des Bürgergeldes, so dass realistische Kosten für eine Ernährung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zugrunde gelegt werden
  4. Eine Beitragsreduzierung oder -befreiung für die Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen, Hochschulen und sozialen Einrichtungen
  5. Null-Mehrwertsteuer bei Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten

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