Ob Schließung von Zweigstellen, Abbau von Bankautomaten, Massenkündigungen von Sparverträgen oder zu wenig gezahlte Zinsen: Die Sparkassen stehen seit Jahren in der Kritik. Die Verbraucherzentralen Bayern, Brandenburg und Hessen stellen der Öffentlichkeit heute ein neues Rechtsgutachten vor. Auf dessen Basis fordern die drei Verbraucherzentralen die Bundesländer auf, ihre Sparkassengesetze anzupassen, um die Sparkassen im Sinne ihres öffentlichen Auftrags in die Pflicht zu nehmen.
„Die Sparkassen müssen wieder für die Menschen da sein, so wie sie als öffentliche Institutionen einst geschaffen wurden. Daher fordern wir, dass die Erzielung von Gewinnen nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebs sein darf“, sagt Marion Zinkeler, Vorständin der Verbraucherzentrale Bayern. „Sollten Sparkassen als Anstalten öffentlichen Rechts dennoch Gewinne erzielen, sollten diese nicht für sparkassenfremde Zwecke eingesetzt werden dürfen, sondern den Kundinnen und Kunden zugutekommen“, so Zinkeler weiter. Dies ist eine zentrale Forderung der Verbraucherzentralen Bayern, Brandenburg und Hessen auf Basis des Rechtsgutachtens „Sparkassen und Verbraucherschutz“, das Möglichkeiten der Stärkung des Verbraucherschutzes im Sparkassenrecht der Länder aufzeigt.
Das durch die drei Verbraucherzentralen in Auftrag gegebene Gutachten des Verwaltungswissenschaftlers Professor Janbernd Oebbecke kommt zu dem Ergebnis, dass verbraucherschützende Vorgaben in den Sparkassengesetzen der Länder möglich sind, sofern die Landespolitik es will. Überdies betont es die Zulässigkeit, öffentlichen Geldinstituten soziale Aufgaben ins Pflichtenheft zu schreiben.
Flächendeckendes Filial- und Automatennetz für den ländlichen Raum
Weitere Forderungen der Verbraucherzentralen Bayern, Brandenburg und Hessen stellen die besondere Rolle der Sparkassen in den Mittelpunkt: „Im Sinne der Teilhabe aller Menschen fordern wir die gesetzliche Festlegung einer Mindestanzahl sowie einer Verteilung von Filialen und Bankautomaten“, sagt Christian Rumpke, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Brandenburg. Ein solches Vorgehen ist von der Post-Universaldienstleistungsverordnung für die Deutsche Post AG bekannt. Unter anderem ist dort die Anzahl von Briefkästen deutschlandweit geregelt, um eine flächendeckende Verfügbarkeit zu gewährleisten. Hingegen schließen Sparkassen immer mehr Filialen und SB-Stützpunkte und erschweren den Menschen damit den Zugang zu geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen, insbesondere zur Bargeldversorgung im ländlichen Raum. „Leidtragende sind Seniorinnen und Senioren sowie Menschen, die weniger mobil oder digital-affin sind als andere Bevölkerungsgruppen“, führt Rumpke aus.
Das Sparen fördern
Sparkassen haben den Auftrag, das Sparen zu fördern. „Diesem Auftrag werden sie nur gerecht, wenn sie einlagegesicherte, risikofreie Anlagemöglichkeiten bieten. Diese Anlagemöglichkeiten müssen, das wird bereits aus dem Begriff „Sparen“ deutlich, positiv verzinst sein. Negativzinsen - sogenannte Verwahrentgelte - oder ein Tagesgeldzinssatz von null Prozent erfüllen diese Anforderung nicht“, stellt Philipp Wendt, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen, fest. Das Gutachten weist darauf hin, dass einzelne Sparkassengesetze der Länder bereits die Pflicht zur Annahme von Spareinlagen über ein Sparbuch kennen, auch wenn dem offenbar nicht alle Sparkassen nachkommen. „Wir fordern, diese Pflicht generell ins Sparkassenrecht zu übernehmen und Einlagen von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Höhe der gesetzlichen Einlagensicherung anzunehmen und zu verzinsen“, so Wendt weiter.
Mehr Kontrolle und Transparenz der Sparkassen nötig
Seit Jahren stellen Verbraucherzentralen verbraucherschädigendes Verhalten verschiedener Sparkassen fest, etwa Massenkündigungen von attraktiven Prämiensparverträgen, die Anwendung fehlerhafter Zinsklauseln oder das Ändern von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne wirksame Zustimmung der Kundinnen und Kunden. Um diesem Missstand zu begegnen, fordern die Verbraucherzentralen Bayern, Brandenburg und Hessen mehr Kontrolle und Transparenz. Das Gutachten bestätigt, dass es rechtlich möglich ist, den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher auch personell zu stärken. „In den Sparkassengesetzen ist vorzusehen, dass in den Verwaltungsräten mit Verbraucherschutzfragen vertraute Personen vertreten sind. Dazu ist mindestens ein Mitglied des Verwaltungsrates auf Vorschlag der Verbraucherzentrale des Landes, in dem die Sparkasse ihren Sitz hat, zu besetzen“, fordert Wendt. Über die Vertretung von Verbraucherinteressen hinaus sollten die öffentlichen Sparkassen den besonderen Anforderungen an Transparenz genügen, die auch an andere öffentlich-rechtliche Institutionen gestellt werden. Die drei Verbraucherzentralen schlagen eine moderate Öffnung vor, ohne mögliche Geschäftsgeheimnisse preiszugeben. „Wir fordern, dass die Verwaltungsräte künftig öffentlich tagen, zumindest soweit es um Grundsätze der Geschäftspolitik oder die Verwendung von Gewinnen geht“, führt Wendt weiter aus.
Verbraucherzentralen mehrerer Bundesländer und deren Bundesverband vzbv gehen gegen das kundenunfreundliche Verhalten von Sparkassen bereits mit Abmahnungen und Musterfeststellungsklagen vor. Die Verbraucherzentrale Brandenburg klagt zudem im Rahmen der Informationsfreiheit in mehreren Fällen auf Akteneinsicht. Allerdings ist die Wirksamkeit dieser Mittel begrenzt, so dass die Politik gefragt ist, Verbesserungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen. Mit dem Forderungspapier machen die Verbraucherzentralen Bayern, Brandenburg und Hessen konkrete Vorschläge für bessere Sparkassengesetze im Sinne einer Stärkung der Verbraucherinteressen.