Portemonnaie, Smartphone oder Iris-Scan - beim heutigen Hessischen Verbrauchertrag in der Evangelischen Akademie in Frankfurt diskutierten Expertinnen und Experten aus Politik, Unternehmen und Bankenwelt darüber, wie die Menschen in Deutschland künftig bezahlen werden. Die Verbraucherzentrale Hessen spricht sich grundsätzlich für einen digitalen Euro aus. Gleichzeitig macht sie sich für den Erhalt des Bargelds stark und fordert konkrete Maßnahmen der Politik.
Laut der Deutschen Bundesbank war Bargeld im Jahr 2023 noch immer das beliebteste Zahlungsmittel. Karten-, Online- und Smartphone-Zahlungen nehmen zu, während die Europäische Zentralbank die Einführung eines digitalen Euros vorbereitet.
Bargeld verschwindet schleichend
Für Verbraucherinnen und Verbraucher wird es immer aufwändiger, sich mit Bargeld zu versorgen: Das Angebot an Bankfilialen und Geldautomaten wird vielerorts reduziert, Auszahlungen im Einzelhandel sind nicht immer verfügbar und manche Läden nehmen gar kein Bargeld mehr an.
„Dieser Entwicklung muss die Politik etwas entgegensetzen“, sagt Philipp Wendt, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen. „Bargeld ist ein wichtiges Kulturgut, es ermöglicht die Teilhabe am Wirtschaftsleben, hinterlässt keine Datenspuren beim Einkauf und stärkt die Finanzkompetenzen insbesondere junger Menschen.“
Bargeld stärkt den sozialen Zusammenhalt
Wenn Kinder sich zum ersten Mal etwas am Kiosk kaufen, machen sie das mit Bargeld. Großeltern, die das Taschengeld ihrer Enkel aufbessern wollen, verschenken zumeist Geldscheine. Oder wenn Jugendliche sich in der Nachbarschaft mit kleinen Gefälligkeiten nützlich machen, bekommen sie als Dank oft ein paar Münzen.
Bargeld funktioniert ohne technische Hürden und ist ausfallsicher
Menschen, die sich eine mehrstellige PIN nicht oder nicht mehr gut merken können, benötigen Bargeld für ihre täglichen Einkäufe. Verbraucherinnen und Verbraucher haben zuletzt viele Störungen von Kartenzahlungssystemen erlebt. Wer sicher sein will, bezahlen zu können, sollte deswegen über Bargeld verfügen.
Bargeld ist anonym
Und wer in der Apotheke oder in anderen datensensiblen Bereichen etwas bar bezahlt, kann sich darauf verlassen, dass niemand davon erfährt.
Forderungen der Verbraucherzentrale Hessen
„Um Bargeld in Deutschland zu erhalten, sind politische und gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich. In der EU wird eine Verordnung diskutiert, die zum Beispiel für den Handel eine grundsätzliche Pflicht zur Annahme von Bargeld vorschreibt. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung“, so Wendt weiter. Die vorgeschlagenen Maßnahmen auf europäischer Ebene sollten nach seiner Vorstellung auf nationaler Ebene ergänzt werden. In England gebe es Vorgaben, die sich die Politik in Deutschland zum Vorbild nehmen sollte:
- Bezugspunkte für Bargeld sichtbar machen: „Es gibt in Deutschland derzeit offenbar keinen offiziellen Überblick über die Standorte und die regionale Verteilung von Bargeld-Automaten. Das sollte sich ändern“, fordert Wendt. Alle vorhandenen Bargeld-Automaten sollten kartiert und so veröffentlicht werden, dass jeder sehen kann, wo die nächste Möglichkeit besteht, sich mit Bargeld zu versorgen. „Viele Menschen sind dabei auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen“, so Wendt weiter.
- Bargeldautomaten als öffentliche Versorgungseinrichtungen definieren: Wenn die Politik festlegt, dass Bargeld-Automaten zu den öffentlichen Versorgungseinrichtungen gehören, ist deren Schließung nicht mehr ohne weiteres möglich. „Wie in England sollte der Schließung von Bank-Automaten eine kommunale Beteiligung vorausgehen. Dann wäre es möglich abzuschätzen, welche Folgen die Schließung einzelner Bargeld-Bezugspunkte wie Bank-Filialen oder Geldautomaten für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort hätte“, sagt Wendt. Auch dafür sei es wichtig, die Zahl und die Standorte der Bargeld-Bezugspunkte in Deutschland zu erfassen.
„Bargeldlose Bezahlsysteme sind für viele Menschen bequem und haben Vorteile. Aber: Wenn wir das Bargeld heute nicht sichern, wird das dazu führen, dass es in naher Zukunft kein Bargeld mehr geben wird. Dafür braucht es Anstrengungen auf europäischer und nationaler Ebene“, resümiert Wendt.