Wir suchen Verstärkung! Hier geht es zu unseren offenen Stellen.

Tierhaltung: Stellt Handel Weichen für Verbesserungen?

Stand:
Zahlreiche große Händler wie Aldi, Edeka oder Lidl wollen in Zukunft kein Fleisch der Haltungsform 1 mehr anbieten, längerfristig sogar nur noch 3 und 4. Nach Ansicht der Verbraucherzentralen sind solche Schritte in Richtung mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung dringend überfällig.
Jemand hält zwei Hackfleischpackungen in der Hand, auf denen Haltungs-Logos stehen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Ab dem Jahr 2025 bzw. "kurzfristig" wollen Aldi, Edeka und Lidl kein Frischfleisch mehr von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten aus der niedrigsten Haltungsform ("1 Stallhaltung") anbieten.
  • Ab 2030/2031 bzw. "längerfristig" soll Frischfleisch bei Aldi, Edeka, Penny und Rewe ausschließlich aus den Haltungsformen 3 und 4 stammen.
  • Die Forderung der Verbraucherzentralen: Alle Händler müssen dieser Linie folgen.
Off

Nachdem der Handel bei Fleisch jahrzehntelang auf Niedrigpreis- und Lockvogelangebote gesetzt hat, wollen Aldi (Nord und Süd) und Lidl Frischfleisch von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten, die nur nach den gesetzlichen Mindestanforderungen gehalten wurden ("Haltungsform 1 Stallhaltung"), bis 2025 aus ihren Filialen verbannen; Edeka will "kurzfristig" dasselbe tun. Erst später soll dann auch Haltungsform 2 aus den Geschäften verschwinden.

Der Verzicht auf Haltungsform 1 bringt aus Sicht der Verbraucherzentralen das Tierwohl nicht deutlich nach vorne. Der aktuelle, gesetzliche Mindeststandard der Tierhaltung steht wegen Tierschutzdefiziten stark in der Kritik – und das nicht nur von Tierschützern, sondern auch von Agrarexperten. Tatsächlich werden unter den Bedingungen dieser "Haltungsform 1 Stallhaltung" aktuell etwa 90 Prozent der Nutztiere in Deutschland gehalten. Und Haltungsform 2 des Handels ist diesen Bedingungen gegenüber kein deutlicher Fortschritt.

Erst der zweite Schritt, auch auf Haltungsform 2 zu verzichten, wäre ein Weg hin zu deutlich mehr Tierwohl in der Tierhaltung. Damit liegt das aus unserer Sicht wichtigere Datum ein Stück weiter in der Zukunft: Die beiden Aldis, Penny und Rewe haben mitgeteilt, dass sie ab 2030/31 nur noch Frischfleisch von den genannten Tierarten anbieten, das aus den Haltungsformen 3 ("Außenklima") und 4 ("Premium") stammt. Und auch Edeka plant das "längerfristig". Während Aldi diese Ankündigung auf das gesamte Frischfleisch bezieht, gilt das bei Penny und Rewe nur für die Eigenmarken.

Auch andere Händler wollen ihr Fleischangebot nachbessern. So haben Kaufland und Lidl versprochen, ihr Frischfleischangebot aus den Haltungsformen 3 und 4 auszubauen.

Verbraucherzentralen fordern: Alle Handelsunternehmen müssen mitmachen

Nach Ansicht der Verbraucherzentralen sind solche Schritte in Richtung mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung dringend überfällig, und auch die übrigen Handelsunternehmen müssen sich anschließen. Denn seit Jahren nimmt die Zahl der Verbraucher:innen zu, die wollen, dass Tiere gut und gesünder leben, bevor sie geschlachtet werden.

Deutlich verbesserte Lebensbedingungen gibt es erst ab Haltungsform 3 - doch bisher stammt mehr als die Hälfte des Fleischangebots aus der Haltungsform 1 und mehr als ein Drittel aus der Haltungsform 2, wie ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen im Sommer 2020 gezeigt hat. Nur bei etwa 13 Prozent waren es die Haltungsformen 3 und 4.

Die Händler dürfen sich nicht aufs Frischfleisch beschränken

Schweine und Rinder bestehen nicht nur aus Schnitzeln, Filets & Steaks und Hühner und Puten nicht nur aus Brustfilet. Um die geschlachteten Tiere möglichst weitgehend zu verwerten, sollten Verarbeiter und Händler verpflichtet werden, die übrigen Teilstücke in Wurst und anderen verarbeiteten Produkten zu verwenden und dabei ebenfalls die Haltungsform und Herkunft anzugeben. Kaufland, Lidl und Rewe haben entsprechende Schritte angedeutet, jedoch nur für Teile des Sortiments und im Wesentlichen nur eine Umstellung auf Haltungsform 2. Andere Händler schweigen sich dazu bislang aus.

Auch für Verbraucher:innen ist diese möglichst umfängliche Verwertung der Tiere aus den Haltungsformen 3 und 4 wichtig, damit die Kosten für das Frischfleisch für alle bezahlbar bleiben - Haushalte mit niedrigeren Einkommen dürfen durch die höheren Fleischpreise nicht unangemessen hoch belastet werden. Denn nur wenn man die höheren Kosten der Tierhaltung auf das gesamte Tier umlegt, lässt sich ein unverhältnismäßiger Preisanstieg beim Frischfleisch vermeiden.

Wichtiges Signal an Politik und Landwirtschaft

Die Handelsunternehmen geben mit ihren Ankündigungen ein wichtiges Signal an Politik und Landwirtschaft. Jetzt müssen die genehmigungsrechtlichen Hürden für tiergerechtere Stallbauten schnell beseitigt werden, so dass die Tierhalter ihre vorhandenen Ställe umbauen bzw. neue Ställe bauen können.

Zudem muss der Handel den Landwirt:innen Planungssicherheit geben in Form von langfristigen Abnahmeverträgen zu kostendeckenden Preisen. Nur so können die Tierhalter das finanzielle Risiko der hohen Investitionen eingehen, die für die Umstellung der Tierhaltung nötig sind. Die Verbraucherzentralen werden genau im Blick behalten, ob die Handelsketten ihre Versprechen auch tatsächlich einlösen werden.

Gesetzgeber muss Tierschutz insgesamt deutlich verbessern

Agrarexpert:innen bescheinigen der Nutztierhaltung in Deutschland "erhebliche Defizite vor allem im Bereich Tierschutz". Das steht im Widerspruch zum Staatsziel Tierschutz. Die Haltungsbedingungen der Tiere werden von vielen Verbraucher:innen abgelehnt. Da die Initiative des Handels nur schrittweise über einen langen Zeitraum wirksam werden könnte, muss der Gesetzgeber schneller handeln und endlich die gesetzlichen Standards der Tierhaltung insgesamt anheben, damit:

  • alle Tiere besser als bisher geschützt werden,
  • sie ihr arteigenes Verhalten ausleben können,
  • ihnen keine Körperteile mehr amputiert werden,
  • sie im Regelfall gesund sind und keine Arzneimittel benötigen.

Da reicht auch die freiwillige Haltungsform-Kennzeichnung der Handelsunternehmen keinesfalls aus. Die Verbraucherzentralen fordern deshalb weiterhin in Deutschland und in der Europäischen Union eine einheitliche, verpflichtende Haltungskennzeichnung für alle tierischen Lebensmittel. Durch mehr verbindliche Kontrollen muss zudem endlich gewährleistet werden, dass die vorhandenen Missstände in der Tierhaltung verringert und die Kriterien der Haltungsformkennzeichnung des Handels auch eingehalten werden.

Mehrere Schweine stehen in einem geräumigen Stall auf Stroh.

Tierschutz und Tierwohl: Infos und Einkaufstipps

Die übliche intensive Haltung kann für Tiere und Umwelt zum Problem werden. Wir geben Tipps, worauf Sie beim Einkauf von Schweine-, Rinder- und Geflügelprodukten im Dschungel der verschiedenen Label und Haltungsangaben achten können.

Ein Gesundheitsgerät neben dem Wort Aufruf in einem Ausrufezeichen.

Healy: Vorsicht vor falschen Gesundheitsversprechen

Bei den Verbraucherzentralen haben sich in den letzten Monaten die Beschwerden über das Produkt "Healy" gehäuft, weil selbstständige „Healy“-Vertriebspartner:innen behaupten, das Produkt würde etwa bei Multipler Sklerose, Depressionen, ADHS oder Hauterkrankungen helfen. Diese Heilsversprechen sind nicht haltbar.
Foto einer Frau, die auf einem Sofa sitzt und bestürzt in ein geöffnetes Paket schaut.

Shoppen auf Online-Marktplätzen: Verbraucher:innen erwarten sichere Produkte

Die Mehrheit der Verbraucher:innen erwartet, dass die Produkte auf Online-Marktplätzen sicher und gesetzkonform sind – und sehen die Plattformbetreiber in der Verantwortung. Das zeigt eine Befragung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Aktuell sind Plattformen nicht in der Pflicht, Produktsicherheit zu gewährleisten.
Lachender Mann mit Geldscheinen in der Hand

Vergleich mit primaholding-Unternehmen: Letzte Chance für Verbraucher:innen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat mit primastrom, voxenergie und nowenergy einen Vergleich geschlossen. Es ging dabei um überhöhte Preise und unangemessene Vertragslaufzeiten. Noch bis zum 31. Dezember 2024 können Sie sich an die Unternehmen wenden und sich auf den Vergleich berufen.