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Energieversorger sollen erklären, wie viel Strom und Gas für die Zukunft eingekauft haben

Stand:
Damit Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Auswahl ihres Energieanbieters mehr Sicherheit haben, benötigen sie mehr Informationen.
Scheine und Münzen liegen auf einem Tisch, daneben ein Stecker

Der Bundesrat hatte im Jahr 2022 vorgeschlagen, die Transparenz auf dem Energiemarkt zu erhöhen. Die Anbieter sollen erklären müssen, wieviel Strom und Gas sie eingekauft haben. Die Verbraucherzentrale Hessen fordert, diesen Vorschlag weiter zu verfolgen. 

Off

Problem

Zu Beginn der Energiekrise im Jahr 2021 haben sichStrom- und Gasanbieter in Deutschland kurzfristig aus dem Markt zurückgezogen, weil sie die nötigen Mengen an den Spotmärkten und Terminmärkten nicht zu wirtschaftlichen Preisen beschaffen konnten. In der Folge haben sie oft kurzfristig die Versorgung ihrer Kunden einseitig eingestellt. Verbraucherinnen und Verbraucher, die in die teurere Grundversorgung zurückfallen und mussten deutlich höhere Preise zahlen, als sie eigentlich mit ihrem Stromanbieter vereinbart hatten.

Ursache waren Geschäftsmodelle , wonach sehr kurzfristige Einkäufe von Strom und Gas zu Belieferungszwecken, zum Beispiel über die Spotmärkte, zu günstigen Einkaufspreisen geführt hatten; zumindest zu günstigeren Einkaufspreisen als im Langfristeinkauf. Dieses System hatte sich in der Vergangenheit gut getragen. Ausfluss dessen waren günstige Angebote auf dem Markt für Haushaltskunden, mit denen die Anbieter auch auf einschlägigen Vergleichsplattformen erfolgreich waren.

Wenn die Energiepreise jedoch kurzfristig deutlich steigen und größere Mengen im sogenannten „Day-Ahead-Handel“ für den Folgetag eingekauft werden müssen, verkehrt sich dies ins Gegenteil.

Die Kundinnen und Kunden wissen nicht, wie ihr Versorger im Blick auf die Fristigkeit aufgestellt ist und kennen somit auch nicht das Risiko von Preiserhöhungen sowie (im schlimmsten Fall) kurzfristigen Vertragskündigungen.

Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in 2022 versucht, das Problem kurzfristiger Vertragsbeendigungen abzumildern. So wurde das Energiewirtschaftsgesetz um die bußgeldbewährte Vorgabe ergänzt, dass auch eine planmäßige Beendigung der Energiebelieferung von Haushaltskunden mindestens drei Monate im Voraus der Bundesnetzagentur anzuzeigen ist und zeitgleich betroffene Kunden und Netzbetreiber in Textform zu informieren sind (siehe § 5 Absatz 2 Satz 2 EnWG). Dadurch sollen insbesondere Haushaltskunden die Möglichkeit erhalten, rechtzeitig auf eine Beendigung der Tätigkeit ihres Lieferanten zu reagieren. Zudem erhielt die Bundesnetzagentur zusätzliche Aufsichtsbefugnisse gegenüber Energielieferanten und die Ersatzversorgung und die Grundversorgung wurden neu voneinander abgegrenzt.

Die genannten Neuregelungen sind begrüßenswert, gehen in Sachen Transparenz aber nicht weit genug.

Auskunftspflicht über Fristigkeit der eingekauften Strom- und Gasmengen

Nach dem Bundesrat (Drucksache 164/22 (Beschluss), Seite 49) soll das Vergleichsinstrument nach § 41 c Energiewirtschaftsgesetz so ergänzt werden, dass die Fristigkeit von Energiepreisen Berücksichtigung findet. Die Anbieter sollen verpflichtet werden, ihre über eine längere Zeitachse gestreuten Lieferpositionen offenzulegen. Dies sei ein Indikator für Preisstabilität im Abgabepreis an Haushaltskunden.

Aus Sicht der Verbraucherzentrale Hessen ist dies eine schnell umsetzbare und hochwirksame Regulierung, die Kundinnen und Kunden schützt, die aber gleichzeitig schlank genug ist, um auf den Aufbau neuer staatlicher Strukturen zu verzichten und die Anbieter nicht zwingt, Geschäftsgeheimnisse zu offenbaren.

Die Idee geht zurück auf einen Vorschlag, den das hessische Verbraucherschutzministerium und die Verbraucherzentrale Hessen Anfang 2022 zusammen erarbeitet hatten. 

Der hessische Vorschlag im Kern

Kundinnen und Kunden benötigen mehr Durchblick beim Abschluss von Strom- und Gasverträgen. Die erhöhte Transparenz auf dem Energiemarkt sollte sich auf die Fristigkeit der eingekauften oder durch Termingeschäfte abgesicherten Mengenpositionen beziehen. Die Anbieter sollen verpflichtet werden, ihre über eine längere Zeitachse gestreuten Lieferpositionen offenzulegen. Dies ist ein Indikator für Preisstabilität im Abgabepreis an Haushaltskunden – mithin ein Indiz für eine eingeschränkte Volatilität. 

Dieser Indikator soll verpflichtend in das Informationsbündel der Vergleichsportale aufgenommen werden. Energielieferanten sollen gegenüber Haushaltskunden – analog ihrer Pflichtangaben zum Energiemix und zu den Preiskomponenten – ihre jeweilige Volatilitätsposition in der Zulieferposition offenlegen, die sie für ihre Energiezukaufpositionen zu einem festgelegten Stichtag anzeigen müssen.

Wie kann so etwas konkret aussehen?

Drei oder vier Zeitsegmente werden dargestellt (z.B. <30 Tage, <90 Tage, <360 Tage, > 360 Tage etc.) Gewichtungen werden in Prozentpunkten angegeben. So muss eine Darstellung „50:50:0:0“ als hochvolatil angesehen werden, eine Darstellung „0:20:30:50“ als ausgewogen (geringere Preis-Sensitivität). Die Kunden wissen mithin, wie hoch ihr Risiko ist. 

Fehlentwicklungen werden schneller deutlich

Die Marktbeobachtung, zum Beispiel die der Verbraucherzentralen, kann so kurzfristig erkennen, wenn sich die Quoten verändern, weil Anbieter Energie, die sie ursprünglich für ihre Kunden gekauft haben, außerbörslich an „Over-the-counter“-Märkten weiterverkaufen.

Auch die Unternehmen haben Vorteile

Eine solche Angabe greift nicht wesentlich in die unternehmerische Freiheit oder in Geschäftsgeheimnisse (Einkaufsstrategie, Kostenposition) ein.

Es ist kein Aufbau von neuen staatlichen Strukturen nötig

Dieser Regulierungsansatz wäre ohne den Aufbau neuer staatlicher Strukturen möglich. Das nach § 41 c EnWG zu schaffende neutrale Vergleichsinstrument für Energiepreise und die bestehenden Vergleichsportale müssen die Fristigkeit bei ihrer Bewertung künftig einbeziehen. Der Bund muss zusätzlich eine mindestens stichprobenartige Kontrolle der angezeigten Gewichtungen sicherstellen.

Hand auf einem Heizkörper

Sammelklage gegen HanseWerk Natur GmbH

Die HanseWerk Natur GmbH ist ein Fernwärmeanbieter, der in den letzten Jahren seine Preise enorm erhöht hat. Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands sind die Preiserhöhungen nicht gerechtfertigt. Die Klage soll dafür sorgen, dass HanseWerk seine Abrechnungen rückwirkend anpasst und Kund:innen das sich daraus ergebene Guthaben erstattet. Das Oberlandesgericht hat als ersten Verhandlungstermin den 12. Februar 2025 festgelegt.
Person mit Mobiltelefon in der Hand

Musterfeststellungsklage gegen Parship

Der Online-Partnervermittler Parship versucht seine Nutzer:innen langfristig in teuren Verträgen zu halten. Nach Ansicht des vzbv sind die Klauseln zur Vertragsverlängerung aber unwirksam und können die Nutzer:innen jederzeit fristlos kündigen. Mit einer Musterfeststellungsklage kämpft der vzbv dafür, dass Verbraucher:innen die Verträge beenden können. Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) am 17. Juli 2025 in einer mündlichen Verhandlung.
Hände mit Geldbörse und Taschenrechner von Rechnungen

Musterfeststellungsklage gegen GASAG AG

2. Dezember 2021: Kunden:innen der GASAG in der Grund- oder Ersatzversorgung mit Gas zahlten vor diesem Datum 6,68 Cent pro Kilowattstunde. All jene Verbraucher:innen, bei denen der Belieferungsbeginn zwischen dem 2. Dezember 2021 und dem 30. April 2022 lag, zahlten mehr als 18 Cent. Der Tarif für Bestandskund:innen blieb wesentlich günstiger. Davon betroffen sind zehntausende Verbraucher:innen. Für sie kann sich der Preisunterschied schnell auf hunderte von Euro summieren und existenzbedrohend sein. Der vzbv hält das „Zweiklassensystem“ der GASAG für unrechtmäßig und will mit der eingereichten Musterfeststellungsklage den Betroffenen helfen. Am 21. März 2025 findet vor dem Kammergericht die erste mündliche Verhandlung statt.