- Wir handeln unabhängig und einzig im Interesse von Verbraucher:innen. Auch in der Bildungsarbeit stehen Verbraucher:innen für uns immer im Mittelpunkt.
- Wir erkennen die individuellen Interessen und Präferenzen von Verbraucher:innen in ihren (Konsum-)Entscheidungen an.
- Unsere Themen kommen aus dem Markt, der Politik und von Verbraucher:innen und betreffen Verbraucher:innen.
- In einer komplexen und dynamischen Marktwirtschaft wollen wir Probleme sichtbar machen, Wissen vermitteln und zur Selbsthilfe beitragen.
- Das bedeutet für uns konkret, dass wir die individuelle Bedeutsamkeit verbraucherrelevanter Themen hervorheben, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und die individuelle Urteils- und Entscheidungsfindung unterstützen.
- Wir verpflichten uns den Leitgedanken des Beutelsbacher Konsenses sowie der Anerkennung der diversen Gesellschaft.
- I. Unsere Visionen und Ziele
Unser Selbstverständnis: „Verbraucher:innen brauchen Wissen und Weitsicht, um in einer komplexen, dynamischen Marktwirtschaft individuell passende Konsumentscheidungen zu treffen.“ (Verbraucherzentrale Hessen 2019)
Wir sind unabhängig und handeln einzig im Interesse von Verbraucher:innen. Wir geben keine Meinung oder Entscheidungen vor, sondern haben zum Ziel, Handlungsmöglichkeiten in einer komplexen und dynamischen Marktwirtschaft aufzuzeigen und den Weg zur individuellen Entscheidungsfindung und Selbsthilfe zu unterstützen. Wir vermitteln Wissen, stärken die Handlungs- und Problemlösekompetenz und sensibilisieren die Menschen für individuelle, gegenwärtige oder künftige Betroffenheit in Verbraucherfragen.
Zielgruppe der Verbraucherzentrale sind alle Verbraucherinnen und Verbraucher in Hessen. Die Themen der Verbraucherbildung kommen aus dem Verbraucheralltag, der Beratung, über Beschwerden, Veränderungen am Markt, von Produkten, sich verändernden rechtlichen Rahmenbedingungen oder ergeben sich aus kollektiven Problem-lagen (z.B. Klimawandel, Energiekrise).
- II. Unser Verständnis von Verbraucherbildung
„Die Verbraucherbildung hat die Entwicklung eines verantwortungsbewussten Verhaltens als Verbraucherinnen und Verbraucher zum Ziel, indem über konsumbezogene Inhalte informiert wird und Kompetenzen im Sinne eines reflektierten und selbstbestimmten Konsumverhaltens erworben werden […]“ (KMK 20131 ).
1. Verbraucherbildung
Das übergeordnete Ziel der Befähigung zur selbstbestimmten Teilhabe2 am Marktgeschehen begreifen wir als lebenslangen Prozess. Dieser verändert sich individuell je nach Lebenskontext sowie global im Kontext ökonomischer, ökologischer, politischer und sozialer Veränderungen und muss sich daher immer wieder neu formen. Bildungsinhalte sind somit am Kontext, den Rahmenbedingungen und an der jeweiligen Zielgruppe auszurichten.
Die Teilhabe am Marktgeschehen, die Fähigkeit zu bewussten Konsumentscheidungen und die Möglichkeit, geltende Verbraucherrechte auch wahrnehmen und durchsetzen zu können, ist fundamentaler Bestandteil des heutigen gesellschaftlichen Lebens. Ebenso nehmen Verbraucher:innen durch ihr Konsumverhalten eine aktive Rolle im Marktgeschehen ein und wollen Einfluss auf die Angebotsseite nehmen. Diese selbstbestimmte Teilhabe zu ermöglichen, ist Aufgabe von Verbraucherbildung.
Aus diesem Verständnis heraus verpflichten wir uns den Grundlagen des Beutelsbacher Konsenses3. Die Grundprinzipien des Beutelsbacher Konsenses bedeuten jedoch nicht, dass wir wertneutral handeln (Leitbild), sondern dass wir das eigenständige Urteilsvermögen zu verbraucherrelevanten Fragen und Konsumentscheidungen fördern. Wir möchten Verbraucher:innen in die Lage versetzen, selbstbestimmte Entscheidungen vor dem Hintergrund der eigenen Präferenzen und Wünsche zu treffen. Dazu stellen wir anbieterunabhängig Informationen und Wissen zur Verfügung und stärken die Handlungs- und Entscheidungskompetenzen im Verbraucheralltag.2. Ziele der Verbraucherbildung
- Wissensvermittlung im Sinne einer allgemeinbildenden Maßnahme (zum Beispiel: Welche Lebensmittkennzeichnungen gibt es?) oder aufgrund von akuten Bedarfen (zum Beispiel: Was bedeutet eine neu eingeführte Lebensmittelkennzeichnung?) dient als Grundlage zur Sensibilisierung sowie der Förderung von Handlungs- und Entscheidungskompetenzen.
- Die Kompetenz, ein Problem als solches sowie die individuelle Betroffenheit zu erkennen (Sensibilisierung) setzt voraus, dass das fachliche Wissen in den Lebenskontext der Zielgruppen eingebettet wird (Lebensweltbezug).
- Damit fördern wir die allgemeine Urteils- und Entscheidungskompetenz im Verbraucheralltag (zum Beispiel: Welche zusätzlichen Versicherungen sind in meiner individuellen Situation sinnvoll?).
- Wir stärken ebenso die Problemlösekompetenzen im Sinne eines aufgetretenen oder zu erwartenden Problems. Dort, wo es zusätzlicher individueller Unterstützung bedarf, greifen unsere Beratungsangebote. Hier ist ein grundlegendes Wissen über die eigenen Rechte und Pflichten wichtig sowie die Selbstreflexion, wo die Grenzen der eigenen Lösungsmöglichkeiten liegen und wo professionelle Hilfe zu finden ist (dies ist eine Schnittstelle zur Beratung).
3. Verbraucherschutz durch Verbraucherbildung
Verbraucherinformation ist eine fachlich und sachlich richtige Darstellung von Wissen zu verbraucherrelevanten Themen. Wir informieren und klären durch Stellungnahmen, Beiträge und Artikel über relevante Themen und Sachverhalte auf.
Im Rahmen von Veranstaltungen werden fachliche Inhalte darüber hinaus in einen Kontext eingebettet und entsprechend der Zielgruppe didaktisch und mit Lebensweltbezug aufbereitet. Damit ist bereits ein Vortrag oder eine Informationsveranstaltung als Bildungsveranstaltung zu verstehen. Bei der Konzeption von Bildungsangeboten muss daher das konkrete Bildungsziel („was“), die Zielgruppe („wer“) und die Lernsituation („wie“) definiert werden. Didaktik, Methodik und fachlicher Inhalt bilden somit gleichwertige Teile in der Entwicklung von Bildungsangeboten.
Gemeinsames übergeordnetes Ziel von Bildung und Beratung ist die Unterstützung zur Selbsthilfe. Die Beratung dient der individuellen (und meist anlassbezogenen) Problemlösung (Beratung, Verweis, Übernahme der Korrespondenz und Rechtsdurchsetzung). Die Bildung dient der Prävention durch Förderung der individuellen Entscheidungs- und Urteilsfindung.
Bildung ist für daher uns neben Beratung, Rechtsdurchsetzung und Aufklärung gleichwertiger Teil des Verbraucherschutzes.
4. Multiplikatoren der Verbraucherbildung
Multiplikatoren sind eine wichtige Zielgruppe für uns. Die Besonderheit hierbei liegt in der indirekten Wissensvermittlung, da wir uns über diese Multiplikatoren mit unseren Themen an die „eigentlichen“ Zielgruppen wenden wollen. Die Ziele der Verbraucherbildung (siehe oben) sind grundsätzlich gleich, mit dem Unterschied, dass die Multiplikatoren dazu befähigt werden sollen, diese zu transportieren, ohne selbst Expert:innen zu sein. Dazu trägt neben die Informations- und Wissensvermittlung durch unsere Expert:innen auch bereitgestelltes Material (Präsentationen oder Handouts etc.) bei.
Multiplikatoren als Zielgruppe: Auch hier müssen wir über die Zielgruppe (für welche Verbraucherinnen und Verbraucher erfüllen diese eine Multiplikatorfunktion?), die Inhalte und die Art der Vermittlung nachdenken. Das bedeutet, dass wir bei der Erstellung von Bildungsangeboten und Materialien für Multiplikatoren zwei Zielgruppen (direkt: Multiplikatoren und indirekt: Verbraucher:innen) im Blick haben müssen.
5. Schulische Verbraucherbildung
Die schulische Verbraucherbildung hat zur Besonderheit, dass die Zielgruppen in der Regel von wenig konkreten Problemstellungen betroffen sind. Sie laufen aber Gefahr, potenziell betroffen zu sein. Nach dieser Lesart dient Verbraucherbildung hier nicht in erster Line der akuten Problemlösung, sondern
- der Wissensvermittlung,
- der Sensibilisierung für künftige Problemstellungen
- der Förderung einer grundsätzlichen Handlungskompetenz,
- der Kompetenz, im Kontext der eigenen Interessen bewusste Konsumentscheidung zu treffen, sowie
- der Förderung einer allgemeinen Problemlösekompetenz für den Verbraucheralltag.
Diese Zielgruppe unterliegt dem besonderen Schutz vor Indoktrination. Daher verpflichten wir uns dem Beutelsbacher Konsens4 und entwickeln Bildungsangebote vor einem didaktischen Hintergrund.
[1] Kultusministerkonferenz 2013: https://www.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/weitere-unterrichtsinhalte-und-themen/wirtschaftliche-bildung-und-verbraucherbildung.html
[2] In Anlehnung an den Begriff der Mündigkeit
[3] Der Beutelsbacher Konsens hat drei Grundprinzipien: a) Indoktrinationsverbot, b) das Gebot der Kontroversität und der Ausgewogenheit sowie c) das Prinzip der Adressatenorientierung.
[4] Die Grundprinzipien des Beutelsbacher Konsenses (Indoktrinationsverbot, das Gebot der Kontroversität und der Ausgewogenheit sowie das Prinzip der Adressatenorientierung) betonen besonders in der schulischen Bildung die Förderung der individuellen Urteilsfindung (vgl. Abschnitt I).
- III. Herausforderungen, vor denen wir stehen
Qualitätssicherung und stetige Weiterentwicklung unserer Bildungsangebote bedeutet für uns, dass wir uns auch der Herausforderungen in unserer Arbeit bewusst werden.
1. Differenzierung
Eine Differenzierung von Zielgruppen kann hinsichtlich der Lebenssituation (zum Bei-spiel Umbruchphasen, wie der Bezug der ersten eigenen Wohnung), den sozioökonomischen und soziokulturellen Bedingungen, dem Vorwissen oder dem Sprachniveau vor-genommen werden. Die Herausforderung liegt in der für uns begrenzten Möglichkeit der Differenzierung vorab, da wir oftmals die Gruppe und deren Zusammensetzung nicht kennen. Daher müssen Bildungsangebote zu einem bestimmten Teil auf einer allgemeinen Ebene verhaftet bleiben.
Unser Anspruch ist es dennoch, zielgruppen- und lebensweltorientierte Bildungsangebote zu schaffen.
2. Schulische Verbraucherbildung
In der schulischen Verbraucherbildung bieten wir neben Unterrichtsbesuchen durch Expert:innen der Verbraucherzentrale Materialien und Unterrichtskonzepte für Lehrkräfte und schulische Multiplikator:innen an. Unser Anspruch für Bildungsmaterialien ist es, ein (inhaltlich und didaktisch) qualitativ hochwertiges Angebot bereitzustellen, das möglichst viele Lehrende nutzen und nach den individuellen Bedarfen ihrer Schulklassen anpassen können.
Um diesem Qualitätsanspruch an Bildungsmaterialien gerecht zu werden, richten wir uns nach den gemeinsamen Qualitätskriterien für Bildungsmaterial der Verbraucherzentralen und geben möglichst Raum zur individuellen Anpassung von Materialien für Lehrende, die unsere Angebote nutzen sollen – zum Beispiel, indem wir Alternativen zur Verwendung des vorgeschlagenen Materials anführen. Unterrichtskonzepte, die wir entwickeln, werden nach Möglichkeit zusätzlich zur unabhängigen Beurteilung im Portal des „Materialkompass“ eingereicht, um die Qualität zu sichern.
3. Zielgruppenorientierung
Wenn Verbraucherbildung als lebenslanger Prozess beschrieben wird, der je nach individueller Lebenssituation bestimmte Themen in den Vordergrund rückt, dann ergibt sich die Notwendigkeit, dass wir unsere Zielgruppen sowie die Themenschwerpunkte für bestimmte Zielgruppen vorab festlegen müssen. Impulse für Themen kommen daher auch aus der Beratungspraxis.
Wohnort oder sozioökonomische Lage können zudem die Erreichbarkeit unsere Ziel-gruppen erschweren. Wir berücksichtigen dies, indem wir niedrigschwellige Angebote schaffen, wie beispielsweise digitale Vorträge, an denen Verbraucher:innen ortsunabhängig teilnehmen können.
4. Erfolgsüberprüfung und Qualitätssicherung
Den Erfolg von (präventiver) Verbraucherbildung können wir nicht direkt messen. Indirekt bemessen wir den Erfolg unserer Bildungsveranstaltungen über die Evaluation durch Teilnehmende, eventuelle Beschwerden, die Erreichung vorab anvisierter Teilnehmendenzahlen und Selbstreflexion der Referent:innen. Unsere Qualität sichern wir zusätzlich über eine regelmäßige externe Prüfung und Zertifizierung als Bildungsanbieter durch Weiterbildung Hessen e.V.